Heckelmann toleriert rechtes Sprachrohr

■ Verfassungsschutz: Sprecher des Innensenators hat Kontakte zu Rechtsradikalen / Morgen Sondersitzung des Parlaments

Innensenator Dieter Heckelmann ist seit drei Monaten darüber informiert, daß sein Pressesprecher Hans-Christoph Bonfert Kontakte zu deutschnationalen und ultrarechten Kreisen unterhalten haben soll. Doch eine entsprechende Mitteilung des Verfassungsschutzes war für Heckelmann und Staatssekretär Armin Jäger lediglich Anlaß gewesen, ihren Sprecher zu ermahnen. Sie glauben Bonfert, daß dieser keine Verbindungen zu Rechtsradikalen pflegt. Bei der Aufklärung der Affaire trauen SPD und Opposition dem Innensenator allerdings nicht über den Weg. Als gestern durch einen Tagesspiegel-Bericht der Skandal bekannt wurde, ließen sich noch morgens – zufällig tagte die Koalitionsrunde – CDU und SPD von Heckelmann informieren und forderten darauf einen ausführlichen Bericht. Auf Antrag der SPD und Bündnis 90/Die Grünen soll sich morgen das Parlament auf einer Sondersitzung mit dem Skandal beschäftigen. SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt hielt es „für eine unerträgliche Vorstellung“, daß der Sprecher des für die Verfassung, den Verfassungsschutz und die Sicherheit des Landes Berlin zuständigen Senators mit Rechtsradikalen Umgang habe, ohne daß – außer einem ermahnenden Gespräch – Konsequenzen gezogen wurden. Der Sprecher erhalte als Mitglied des Stabes des Senators Informationen, die einem normalen Mitarbeiter der Verwaltung nicht zugänglich sind. Er habe Sorge, so Staffelt, daß Vernetzungen existieren, die mit einer solchen Funktion völlig unvereinbar sind.

CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky warf der SPD dagegen vor, gegen Heckelmann eine Kampagne zu fahren. Es gebe keine Anzeichen dafür, daß Bonfert „inhaltlich“ mit rechten Tendenzen übereinstimme. Die jetzt von der SPD geführten Angriffe gegen Heckelmann bezeichnete er als „Schaufensterdebatte“. Heckelmann könne kein Vorwurf gemacht werden, auch wenn die Sache aufgeklärt werden müsse.

Aus Sicherheitskreisen wurde gestern bestätigt, daß Bonfert bis zur Meldung an den Innensenator „zum engeren Kreis“ des bekannten Rechtsradikalen Hans-Ulrich Pieper gehört haben soll. Pieper kandidierte 1989 auf Ticket der „Republikaner“ für den Münchner Stadtrat und später für den Bundestag. Der Sprecher der Innenverwaltung war den Berliner Sicherheitsbehörden aufgefallen, weil er im Anschluß an sogenannte „Dienstagsgespräche“ sich gemeinsam mit einigen anderen „ausgewählten Teilnehmern mit Herrn Pieper zurückgezogen“ habe. Bonfert soll von der rechtsextremen Zeitschrift Junge Freiheit Unterlagen zur „Sicherheit unseres Verlages“ erhalten haben mit der Bitte um „kurzfristige Kontaktherstellung zur Besprechung der Lage mit dem Innensenator“.

Pieper wurde 1993 auch als Teilnehmer einer Veranstaltung der „Deutscheuropäischen Studiengesellschaft“ registriert. Die Vereinigung wurde 1972 von dem NPD- Funktionär Klaus-Dieter Ludwig gegründet und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. An den „Dienstagsgesprächen“ nehmen laut Sicherheitsbehörden neben politisch unverdächtigen Gästen regelmäßig auch Rep-Funktionäre und andere zweifelhafte Persönlichkeiten aus einem „schmissig rechts bis rechtsradikalen“ Spektrum teil. Bonfert soll in der Gesprächsrunde anwesend gewesen sein, als Jörg Haider von der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) als Referent vortrug, Deutschland brauche eine Partei wie die „Republikaner“. Ein anderes Mal sei für die Unterstützung der rechtsradikalen Zeitschrift Junge Freiheit aufgerufen worden.

Der DGB entsetzte sich über Heckelmanns politische Instinktlosigkeit. Der Senator sei offenbar bereit, Verbindungen zur rechtsextremen Szene durch verantwortliche Mitarbeiter seines Hauses zu tolerieren. Der Bund der EinwandererInnen aus der Türkei sieht in den Bonfert-Kontakten eine „Zumutung für die nichtdeutsche Bevölkerung“. Die Grünen erinnerten daran, daß der in der Innenverwaltung für Ausländerangelegenheiten verantwortliche Beamte Sprecher einer rechten Psychosekte sei. Dirk Wildt