: Bunt, üppig, barock, katholisch, radl-tauglich
■ Empfehlung für Kurzentschlossene: Radeln auf der „Romantischen Straße“, Deutschlands Ferienroute Nr. 1
„Auf nach Bayern!“ ermuntern uns Nordlichter die berufenen Tourismus-Zentralen aus dem Süden. Ja, und – was sollen wir dort?! Klare Antwort: Radeln! Deutschlands Ferienroute Nr.1, die Romantische Straße, hat nun auch Radfahrern etwas zu bieten: eine durchgängig ausgeschilderte Route von Würzburg im Norden bis Schwangau/Füssen im Süden.
Romantik pur ist im Angebot – an der Strecke – durchweg in Bayern, mehrfach wird die Landesgrenze zu Baden-Württemberg überquert – liegen solche touristischen Highlights wie das mittelalterliche Rothenburg ob der Tauber und Dinkelsbühl, außerdem Nördlingen, dessen historische Altstadt von einer vollständig erhaltenen und rundum begehbaren Stadtmauer umgeben ist.
Wer Schlösser mag, wird gut bedient: Fürstbischöfliche Residenz in Würzburg, Schloß der Deutsch–ordensritter in Bad Mer–gentheim, in Weikersheim das Renaissance-Schloß der Grafen von Hohenlohe mit dem üblichen Grafen- und Ritterplunder und einem außerordentlich sehenswerten Barockgarten. Und dann natürlich, ganz im Süden: Hohenschwangau und Neuschwanstein. Kini-Land.
Auch wer's skurril liebt, kommt auf seine Kosten: Creglingen (Kohlesmühle) etwa bietet ein Fingerhutmuseum, Peißenberg, etwas abseits der ausgeschilderten Route und (fast) ganz im Süden, hat sogar ein Bergbaumuseum. Und Peiting hat die „Geschichtsstub'n“ von Altbürgermeister Karl Fliegauf: Ein Mammutzahn findet sich hier ebenso wie Zinnfiguren der Peitinger Knappschaftskapelle und Trachten und Königlich-Bayerische Uniformen und Rekrutenbilder vom vorigen Jahrhundert bis heute und natürlich auch ein Portät von Michael Strauss, dem vielfachen Deutschen Meister im Fingerhakeln. Und die Zeit des Bayernherzogs Welf VI., des „Peitingers“, ist hier in aller wünschenswerten Deutlichkeit dokumentiert. Mammutzähne übrigens scheint's in diesem gesegneten Landstrich in fast jeder Kleinstadt zu geben.
Und, schließlich hat sich dieser Landstrich im Süden den Beinamen „Pfaffenwinkel“ verdient, sakrale Bauten (so nennt man das wohl) in ausreichender Zahl: bunt, üppig, barock, katholisch. Um nur einige zu nennen: in Steingaden das Welfenmünster und die Walfahrtskirche in Wies, die romanische Basilika in Altenstadt.
Ein paar Bemerkungen zum Thema Radeln. Die Route führt weitgehend über asphaltierte Feldwege und neu angelegte Radwege und ist auf der gesamten Strecke durchweg gut ausgeschildert. Nur hin und wieder muß man sich vielleicht ein bißchen umsehen, bis man den kleinen grünweißen Wegweiser findet, der weiterhilft (Pech natürlich, wenn Souvenirjäger am Werk waren; man sollte sie sich nicht zum Vorbild nehmen). Und, leichte Kritik an der Streckenführung: Manchmal landet man eben doch plötzlich auf einer Landstraße und muß sich für ein paar Kilometer neben stinkenden Lastwagen abeseln.
Ansonsten bietet die genau 419 Kilometer lange Fahrradstrecke durch Franken, Schwaben und Oberbayern Anreize für unterschiedlichste Temperamente: Gemächlich geht's ohne besondere Höhenunterschiede durch das „Liebliche Taubertal“ (so heißt dieser Streckenabschnitt zwischen Tauberbischofsheim und Rothenburg), für Flachland-Indianer gerade das Richtige. Orte wie Rothenburg und Schillingsfürst allerdings, die ihre Gründer kleidsam auf einen Berg gesetzt haben, fordern doch einige Anstrengung, bevor der keuchende Radler die Aussicht genießen kann.
Was natürlich insbesondere fürs Voralpenland gilt. Zwischen Landsberg am Lech und Füssen sind einige Steigungen zu bewältigen, egal in welche Richtung man fährt (Nord-Süd-Richtung sei empfohlen: dann fährt man auf die Berge zu und muß sich nicht immer umschauen). Dennoch: Sie sind auch für weniger geübte Radler mit einer Dreigangschaltung und ab und zu mal schieben durchaus zu bewältigen. Ausprobiert und versprochen!
Schließlich gibt es alle paar Kilometer kleine Städte mit herausgeputzen Ortskernen und zur Erholung – wir sind in Bayern! – Wirtshäuser wie Sand am Meer. Landsberg am Lech bietet sogar eine „Historische Wirtshaus-Führung“ mit viel Bier und Schmankerln und ebenso reichlich Sprüchen. Denn das, lieber Leser, ist doch wohl klar:
Ein gutes Bier, o Zecher, merke,/ gibt morgens Mut zu neuem Werke./ Des Mittags hilft das Bier verdaun,/ des Abends schafft es gute Laun./ Doch Alp und böse Träum es bringt/ dem, der auf der Nacht zu wenig trinkt!
Auf nach Bayern!
Johann Peter Nissen
Informationen: Touristik-Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße, Marktplatz, 91550 Dinkelsbühl, Telefon: 09851/902 71.
Empfehlenswert zur Planung: Radwandern entlang der Romantischen Straße, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft ( drei Mark). Das Heft enthält übersichtlich und adrett arrangiert die Höhenprofile der gesamten Strecke und listet die wichtigsten Highlights der Strecke auf.
Ganz neu: Radroute Romantische Straße – Vom Main zu den Alpen. Bielefelder Verlagsanstalt, 16.80 Mark. Die gesamte Strecke als Ringhefter in 18 Abschnitten (Maßstab 1:75.000), mit Kurzinformationen zu den wichtigsten Orten und Sehenswürdigkeiten.
Ebenfalls neu: Entlang der Romantischen Straße fahren täglich Linienbusse, die auch Anhänger für bis zu 33 Fahrräder haben.
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