: Strahlende Weste, schwarze Flecke
■ Anti-Atom-Initiativen erstellten zum 100jährigen Jubiläum der Hamburgischen Electricitätswerke ihre eigene Bilanz
Hundert Jahre Hamburgische Electricitätswerke (HEW) - ein Grund zum Feiern? Das Anti-Atom-Bündnis, das jetzt einen alternativen Bericht über den Stromerzeuger erstellt hat, ist anderer Meinung. Sie sehen vor allem „das oft menschenverachtende Handeln der HEW“, die in den Selbstdarstellungen des Energiekonzerns „stets unterschlagen“ wird.
Da ist natürlich die Atom-Politik des Stromversorgers. Über jahrtausende strahlender Atommüll, die Gefahr eines AKW-Unfalls mit nicht vorhersehbaren Folgen und die ungeklärte Häufung von Leukämie-Fällen in der Umgebung des AKW Krümmel sind nur einige Stichworte, die sich mit dieser Energiepolitik verbinden. Doch, so betonen die Anti-Atom -Initiativen: Atomstrom tötet schon vor dem GAU.
So beziehe die HEW den größten Teil ihres Urans aus kanadischen Abbaugebieten, in denen indigene Völker wie die Cree und die Dene leben. Die Minen-ArbeiterInnen seien bei der Arbeit direkt der Strahlung ausgesetzt, die Radioaktivitäts-Grenzwerte der kanadischen Regierung so hoch, daß ganze Regionen legal verstrahlt werden dürften. Die Folge sei eine auffällige Häufung von Leukämie-Fällen in den Abbaugebieten. Ein Sprecher des Anti-Atombündnisses: „Die Menschenvernichtung durch Uranabbau wird von den HEW geleugnet, an Untersuchungen über die Gesundheits-Folgen hat sie keinerlei Interesse.“
Die Zerstörung der Lebensgrundlage der indigenen Völker Kanadas zum Profit des Hamburger Stromversorgers könnte noch wachsen, wenn die HEW wie geplant Wasserstoff aus Kanada zur Energieversorgung nutzt. Dieser soll durch künstliche Mega-Stauseen gewonnen werden, die durch die Überflutung riesiger Landstriche, in denen die Cree und Inuit heute leben, erzeugt würden.
Daß die HEW schon immer bereit waren, für die Erwirtschaftung ihrer Profite auch „die Vernichtung menschlichen Lebens“ zu riskieren, dafür sei, so das Bündnis, der Einsatz von Zwangsarbeitern aus einem Konzentrationslager beim Bau des Kraftwerks Alt-Garge ein Beweis (taz berichtete). Bis heute, so die Initiativen, habe sich die HEW nicht zu ihrer Verantwortung bekannt und keine Entschädigungen an die Überlebenden der Arbeitseinsätze bezahlt.
Marco Carini
„100 Jahre HEW - ein alternativer Bericht“ gibt es für 3 Mark in vielen linken Buchläden und im Anti-Atom-Büro am Nernstweg 32 (Tel: 3909222).
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