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Null problemo dank dritter Demo

■ SchwuZ findet Ausweg aus dem CSD-Dilemma

Na endlich! Nach schier endlosen Debatten biederster Provenienz scheint nun doch ein Ausweg aus der „Krise der Bewegung“ gefunden. Statt weiter die Spaltung einer Chimäre zu beklagen, hat eine stadtbekannte Tuntentruppe aus dem Schwulenzentrum „SchwuZ“ kurz vor Schluß eine „Demo für Entscheidungsschwache“ angemeldet.

Ab elf Uhr soll sich der Zug vom Neuköllner Hermannplatz durch die Einkaufsmeile Karl-Marx- Straße Richtung Körnerpark bewegen. Frei von politischer Korrektheit im Kopf und ohne eingetragenes Warenzeichen auf der Backe können die Schwulen und Lesben sich endlich wieder frei „bewegen“, unbehelligt von homogeilen TouristInnen und ordentragenden Charlottenburger Schwulenmuttis oder solidaritätstriefenden AutonomInnen und PDS-GreisInnen zu ihren Wurzeln zurückkehren.

Im alten Berliner Arbeiterbezirk drohen keine spontanen Beifallsbekundungen vom Gehsteig, hier ist noch jeder Schritt ein Wagnis, ein richtiges Coming-out. Und trotzdem führt der Weg vorbei an zentralen Punkten lesbischen und schwulen Lebens: Hertie, Karstadt, Stadtsparkasse. Ein Kranzabwurf in die Damenabteilung der Rathaus-Neukölln-Klappe könnte zum sichtbaren Zeichen eines neuen Selbstverständnisses schwuler und lesbischer Identität werden: keine Bewegung der (Kneipen-)konzerne, keine ideologische Verweigerungshaltung, sondern eine lustvolle Bewegung der Regionen! Neukölln wird so – 25 Jahre nach Stonewall – zum langersehnten Wendepunkt in der Berliner Homoszene. Bleibt das CSD- Motto fürs nächste Jahr: Vermehren statt Spalten! Dirk Ludigs

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