„Sozialistisches Kollektiv“ gerettet

■ Grone Schule nimmt Kündigungen zurück / Suspendierungs-Vereinbarung soll in Zukunft Entlassungen verhindern Von Kai von Appen

Der Kahlschlag in der Stiftung Grone Schule ist gestoppt. Im Verhandlungspoker mit dem Betriebsrat erklärte sich die Unternehmensleitung bereit, die letzten 26 Kündigungen zurückzunehmen und Auslagerungen von Betriebsteilen in „GmbHs“ zu unterlassen. Die Belegschaft verzichtet dafür auf einige übertarifliche Regelungen. Betriebsrat Peter Petersen: „Die Einigung ist schon ein Erfolg.“ Grone-Chef Peter Rabels: „Wir sind jetzt auf dem Wege - auch wenn's schwer fällt - die Grone Stiftung zu erhalten.“

Der größte Hamburger Fort- und Umschulungsträger (F+U) war - wie berichtet – im vorigen Jahr ins Taumeln geraten. Die Bundesanstalt für Arbeit hatte kurzerhand nahezu den gesamten F+U-Topf gestrichen, so daß das Hamburger Arbeitsamt nur noch einen Bruchteil der F+U-Kurse fördern konnte. Zunächst gelang es dem Betriebsrat, durch Kurzarbeitsregelungen Entlassungen zu verhindern. Doch im Herbst knallte Geschäftsführer Peter Rabels eine Kündigungsliste auf den Tisch. Von den 290 MitarbeiterInnen sollten 105 Dozentinnen und Lehrer zum Jahresende gefeuert werden.

Vor dem Arbeitsgericht erlitt Rabels zwar Schiffbruch, alle Kündigungen waren aufgrund einer Betriebsvereinbarung unwirksam. Es gelang der Stiftung aber, über Aufhebungsverträge mit Abfindungsregelungen 75 Beschäftigte loszuwerden. 26 MitarbeiterInnen blieben hart und klagten vor dem Arbeitsgericht gegen die Entlassung. Weil die Stiftung juristisch in der Defensive war, drohte Rabels, Teile der Stiftung in GmbHs auszulagern, um so das Tarifgefüge aus den Angeln zu hebeln.

Jetzt gelang es dem Betriebsrat, die Geschäftsführung durch betrieblichen und öffentlichen Druck zur Einsicht zu zwingen. Denn es stellte sich heraus, daß die Prognose der Belegschaftsvertretung realistischer gewesen war als die Defensiv-Schätzungen der Unternehmensleitung. Ging nämlich Rabels davon aus, daß die Stiftung in diesem Jahr nur 300 F+U-Maßnahmen vom Arbeitsamt gefördert bekommt, schätzte der Betriebsrat die Teilnehmerzahl auf 600 geförderte Umschüler. Petersen: „Wir haben bereits 360 Zusagen, die Bewerbungsfrist für die Kurse läuft noch zwei Monate.“

Die Wende kam Ende voriger Woche. Nachdem sich der Betriebsrat bereit erklärte, die wöchentliche Arbeitszeit von 25 auf 27 Stunden ohne Lohnzuschlag anzuheben und fünf Tage übertariflichen Urlaub zu streichen, lenkte auch das Unternehmen endgültig ein. Rücknahme der strittigen Kündigungen, keine Auslagerungen bis Ende 1995. Desweiteren einigten sich beide Seiten auf eine Suspendierungs-Betriebsvereinbarung. Im Klartext: Falls Grone weitere Entlassungen vornehmen muß, weil die Kurse nicht ausgelastet sind, können sich die von Entlassung bedrohten MitarbeiterInnen für ein halbes bis drei Jahre vom Dienst beurlauben lassen. In der Zeit bekommen sie Arbeitslosengeld, ohne jedoch ihren Anspruch auf den Arbeitsplatz gänzlich zu verlieren. Petersen: „Wenn wir in den kommenden zwei Monaten noch zusätzliche Umschüler bekommen, dann wäre kein Kündigungsbedarf mehr da.“

Aber auch Grone-Chef Rabels versucht den Kompromiß als einen Erfolg zu verkaufen, denn immerhin sei er 75 MitarbeiterInnen während des Konflikts losgeworden. Rabels: „Von der Einschätzung des Endziels her haben wir richtig gelegen, man kann allerdings darüber reden, ob wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.“ Durch die Einsicht der Belegschaft, in diesen schweren Zeiten auf einige „soziale Errungenschaften“ zu verzichten, fühlt sich Sozialdemokrat und Staatsrat a.D. Rabels in dem Gefühl bestärkt, daß Grone eigentlich ein „sozialistisches Kollektiv“ sei. Rabels: „Sicher verdient der Vorstand ein höheres Gehalt als der Hausmeister, es geht aber darum, kollektiv das Geld zu erwirtschaften, um alle Arbeitsplätze zu erhalten.“