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Isolierte Quartiere

■ Das Stadtforum diskutierte Nutzungsstrukturen / „Tote Ecken“

Die Berliner Mitte ist nachts nicht nur doppelt so tot wie der Hauptfriedhof. Nun droht ihr zusätzlich durch fehlgelenkte Nutzungsstrukturen und monofunktionale Büroghettos die Parzellierung in voneinander isolierte Quartiere. Den Planungen für die Kernbereiche der Stadtmitte – die Friedrichstraße, das Kulturforum, den Alexanderplatz oder die südliche Spreeinsel – fehle der Stadtzusammenhang, sagte der Wirtschaftsexperte Ulrich Pfeiffer auf der 41. Runde des Stadtforums am Wochenende.

Obwohl die städtebauliche Ordnung der Friedrichstadt durch ihre Enge gute Voraussetzungen für Dichte, Abwechslung und Lebendigkeit böte, „bleibt die Friedrichstraße in ihrer jetzigen Planung eine isolierte Achse“. Die Vernetzungen in die Seitenstraßen seien zu schwach, die Querverbindungen zur Französischen Straße und Behrenstraße durch „tote Bürozonen“ gekennzeichnet.

Gerade wegen der „repräsentativen, nach innen gewandten Staatsbauten“ braucht die Friedrichstadt nach Pfeiffers Ansicht Architekturen mit kleinteiligen Nutzungs- und Binnenstrukturen, die sich nach außen öffnen und städtebauliche Verknüpfungen mit benachbarten Arealen herstellen. Abgeschottete Großbauten ließen derartige Funktionen kaum zu. Pfeiffer warnte zugleich vor einem formal angewandten Mischungsbegriff: „Es nutzt wenig, wenn etwa bei den Plänen zum Alexanderplatz darauf verwiesen wird, daß dreißig Prozent Wohnungen, Büroflächen und Geschäfte entstehen. Mischung wird nicht dadurch erreicht, daß unterschiedliche Nutzungen additiv in Gebäuden aufeinandergestapelt werden.“

Auch bei den geplanten Bauvorhaben auf der Spreeinsel komme es darauf an, die zukünftigen Nutzungsstrukturen mit den städtischen und sozialen Erfordernissen abzugleichen, forderte der Hamburger Architekt Gerhard Laage. So habe der Gewinner des Bauwettbewerbs Spreeinsel, Bernd Niebuhr, deutlich gemacht, welche historischen Räume und Wege auf der Spreeinsel wiederhergestellt werden könnten. Die Sicherheitsbedürfnisse des Auswärtigen Amtes bedrohten allerdings die Nutzung durch die Öffentlichkeit. So könne beispielsweise die Brüderstraße nicht begangen werden.

Aber auch der Niebuhr-Entwurf selbst grenze sich zur übrigen Stadt ab, kritisierten der Bauhistoriker Fritz Neumeyer und der Architekt Hardt Waltherr Hämer. Das geplante „Stadthaus“ – an der Stelle des Palastes der Republik – verweigere sich durch seine Abgeschlossenheit der Öffentlichkeit, so Neumeyer.

Hämer wandte sich gegen den Abriß des Palastes und erinnerte daran, daß das Gebäude zu DDR- Zeiten öffentlich genutzt wurde. Dieser Zustand müsse für das Areal wieder erreicht werden. Rolf Lautenschläger

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