: Für Beratung keine Zeit
■ Verwaltungskram frißt Lehrer auf
Die Berufsauffassung Ostberliner und Westberliner Pädagogen unterscheidet sich in einem Punkt erheblich. Sind die Ostpädagogen vor allem auf ihre gute fachliche Ausbildung stolz und wollen diese an die Schüler weitergeben, legen die Westlehrer mehr Wert auf die pädagogische Betreuung ihrer Schützlinge.
Das geht aus einer Untersuchung des Berliner Erziehungswissenschaftlers Peter Hübner hervor, die er gestern gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vorstellte. Die Studie erforscht die „Innovationsbereitschaft Berliner Lehrer unter Berücksichtigung von Arbeitszeit und Arbeitsbelastung“. Hübner hat festgestellt, daß etwa ein Drittel der Berliner Lehrer an Veränderungen interessiert sind und sie aktiv mitgestalten wollen. Etwa 20 Prozent fühlen sich dagegen von ihrem Beruf total ausgelaugt.
Dabei sehen sich die Ostlehrer unter einem größeren Druck. Bei allen belastenden Tätigkeiten erzielten die Ostberliner Pädagogen höhere Werte. Fühlen sich durch das Vorbereiten des Unterrichts nur 30,1 Prozent der Westberliner Pädagogen belastet, sind es im Ostteil der Stadt über 45 Prozent. Findet in Westberlin jeder fünfte Lehrer das Beraten von Schülern als anstrengend, geht es in Ostberlin fast jedem dritten Lehrer so. Am meisten beklagen sich beide Seiten über zuviel Aufwand für Organisation und Verwaltung. Von diesen Aufgaben sehen sich in West wie Ost fast 50 Prozent der Pädagogen zu sehr in Anspruch genommen.
Die Belastung der Lehrer steigt dort, wo sie sich isoliert fühlen. Hübner hat herausgefunden, daß Lehrer mit ihrem Beruf zufriedener sind, wenn der Schulleiter und die Kollegen ein offenes Ohr für ihre Probleme haben. Um die Arbeitszufriedenheit der Lehrer zu vergrößern, fordert die GEW, die Pflichtstundenzahl zu senken, damit den Lehrern mehr Zeit für das Beraten von Schülern oder Eltern bleibe. Christiane Badenberg
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