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■ Streit um DenkmalDenk mal, Hauptstadt

Ums rechte Gedenken über deutsch Vergangenes wird wieder einmal gestritten, gezerrt und gehandelt. Nicht um die richtige Mischung des deutschen Widerstands geht es diesmal, sondern um die richtige Wortwahl für die Täter. Auf dem Gelände der „Vermögens-Verwertung“ des ehemaligen Oberfinanzpräsidenten soll eine Gedenktafel für politisch, rassisch und religiös Verfolgte während des Nationalsozialismus angebracht werden. Die Vorgängerin der Oberfinanzdirektion (OFD) wird darin als „wichtiges Glied in der organisatorischen Kette der Deportation insbesondere jüdischer Mitbürger“ und als zuständig für die „Registrierung und Einziehung“ des Vermögens von Nazi-Verfolgten bezeichnet. Doch aus der geplanten Einweihung der Tafel am kommenden Freitag wird nichts: Die OFD als Eigentümer des Grundstücks und Verwalterin des Bundesvermögens in Berlin hatte „Bedenken“ angemeldet, der Bezirk klein beigegeben. Nun ist also wieder Zeit für Gespräche, und die OFD kann in Ruhe ihre Formulierungswünsche vorbringen. Macht das Tiergartener Beispiel Schule, werden in der Hauptstadt nicht mehr Fachkommissonen über die Gedenkformulierungen entscheiden, sondern die betroffenen Behörden und die ihr übergeordneten Bundesministerien. Aus der „Registrierung und Einziehung“ jüdischen Vermögens wird dann eben wieder ganz neutral die „Verwaltung und Verwertung“, weil die künftigen Bewohner der näheren Umgebung, die Bonner Bundestagsabgeordneten und Kanzlergänger, ja sonst Anstoß nehmen könnten. Der neuerliche Denkmalsstreit reiht sich damit ein in die jüngsten Versuche, den Deutschen aus ihrer Geschichte zu helfen. Nicht mehr nur, daß aus Tätern Opfer gemacht werden, auch die Taten sollen nur mehr noch Verwaltungsakte sein. Dem Tiergartener Bezirksbürgermeister ist vorzuwerfen, dieser schon nicht mehr schleichenden Geschichtsklitterung nicht die eigene Zivilcourage entgegengesetzt zu haben. Uwe Rada

Siehe Bericht Seite 18

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