■ Die Berliner CDU muß nun ihr Verhältnis zum Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus klären: Prüfstein Heckelmann
Ein Rücktritt erfolgt in den seltensten Fällen allein wegen der zur Last gelegten Verfehlung. Rühmliche Ausnahmen, wie der ehemalige Bundesinnenminister Rudolf Seiters, der ohne den Nachweis persönlicher Schuld bereits im Ansatz der Bad-Kleinen-Affäre demissionierte, bestätigen die Regel eines Politikertypus, der erst von der kumulativen Wirkung mehrfachen persönlichen Versagens und dem Entzug parteilicher Unterstützung zum Abgang gedrängt werden muß.
Der Berliner Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) gehört zweifelsohne in diese zweite Kategorie. Die Agenda seines Versagens im Amte ist lang, seien es parteipolitisch motivierte Besetzungen von Führungspositionen im Sicherheitsapparat, sei es seine Untätigkeit in der Verwaltungsreform. Sollte er nicht über die Affäre um die rechten Kontakte seines Pressesprechers Christoph Bonfert stolpern, wird er sich im kommenden August mit dem Ergebnis des „Mykonos“-Untersuchungsausschusses konfrontiert sehen. Dieser bescheinigt seiner Behörde, so das Resümee der SPD und der Opposition, Versagen im Vorfeld des Attentates, bei dem vier iranisch-kurdische Politiker getötet wurden.
Was Wunder, daß die SPD bei dieser Aussicht einem Ende mit Schrecken den Vorzug gibt und Heckelmanns Rücktritt fordert. Ob aus diesem Schritt ein Bruch der Berliner Großen Koalition folgt, von dem keine der beiden Parteien zur Zeit profitieren könnten, hängt nun von der CDU ab. Auch den Christdemokraten, und vor allem ihrem Vorsitzenden Eberhard Diepgen, ist das Unvermögen ihres Innensenators nicht gänzlich verborgen geblieben.
Kritik an ihm wurde schon längst nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand geübt. Doch anhand der Personalie Bonfert/Heckelmann – und das ist das eigentlich Bedeutsame an dem Konflikt – muß die CDU nun zugleich über ihr Verhältnis zum Rechtsextremismus und zum Rechtskonservativismus befinden. Die Dienstagsgespräche des Rechtsradikalen Pieper dokumentieren augenfällig, wie breit gestreut die Akzeptanz und gegenseitige Zuneigung in diesem Halbdunkelfeld der etablierten und der extremen Rechten sind. Ein informelles Feld, auf dem sich „Republikaner“ und Leute der „Jungen Freiheit“ ebenso tummeln wie der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, der Ullstein-Verleger Herbert Fleissner, CDU-Politiker und namhafte Journalisten.
Schaßt die CDU ihren Innensenator, würde sie eine Grenze der für sie akzeptablen Kontakte nach rechts markieren. Dies wäre nicht mehr als die konkrete Umsetzung der marktschreierischen Verbietet- die-Republikaner-Parolen ihrer Spitzenpolitiker. Hält die CDU am Innensenator fest, akzeptiert sie damit dessen Einordnung der Dienstagsgespräche als lockeren Polit-Talk reputierlicher Bürger. Sie würde damit ihre eigenen Grenzen gegenüber den Rechtsextremisten fließend halten – mit Gewinn für eine Rechte, die, in dem Maße, wie sie sich immer weniger als eigenständige Kraft etablieren kann, auf ihren informellen Einfluß baut. Peter Glotz' Befürchtung, daß das Gedankengut der neuen Rechten in regierungsfähige Apparate einwandert, hat mit dem Dienstagskreis an Anschaulichkeit gewonnen. An der Personalie Heckelmann entscheidet die CDU, ob sie diese Art der Einwanderung auch will. Dieter Rulff
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