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Nicht am Teppich knabbern

■ Nationale Verordnung gegen Insektengifte in Teppichen geplant

Berlin (taz) – Der Holzschutzmittelskandal hat bei den zuständigen Behörden offenbar tiefsitzende Narben hinterlassen. Bei dem Teppichgiftskandal will man alles besser machen. Zum Schutz gegen Mottenbefall werden Wollteppiche mit dem Insektengift Permethrin behandelt, das laut Bundesgesundheitsamt (BGA) bei empfindlichen Menschen Reaktionen wie Reizerscheinungen der Haut bis hin zu Taubheitsgefühlen auslösen könne. Auf entsprechende Meldungen von Betroffenen hin bemüht sich das Bundesgesundheitsministerium nun um eine nationale Verordnung.

„Es ist auch dann sinnvoll, Risiken zu minimieren, wenn man nicht die letzten Beweise hat“, sagt Ministeriumssprecher Hartmut Schlegel. Die klinischen Untersuchungen im Auftrag des BGA an zwanzig Betroffenen sind bisher nicht abgeschlossen und Zwischenergebnisse nicht bekannt. Dennoch wollen die Behörden nicht länger auf die Biozid-Richtlinie der EU, die für Schädlingsbekämpfungsmittel außerhalb der Agrarwirtschaft gelten wird, warten. Denn die soll erst im Herbst überhaupt diskutiert werden.

Mit der deutschen Verordnung soll nicht nur Permethrin aus verbrauchernahen Schädlingsbekämpfungsmitteln verschwinden, sondern sollen sämtliche Pyrethroide untersucht werden. Der Referentenentwurf für die Verordnung über die Insektizidgruppe der Pyrethroide ist laut Bundesgesundheitsministerium fertig und soll unmittelbar in der ersten Sitzung des Bundesrates nach der Sommerpause verhandelt werden.

Die Teppichindustrie wehrt alle Warnungen ab: „Sie müßten täglich ein 10 mal 10 Zentimeter großes Stück Teppich essen, um den von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Grenzwert für das Permethrin überhaupt zu erreichen“, behauptet Hansgeorg Hebecker, Umweltberater beim Internationalen Wollsekretariat in Düsseldorf (die mit dem Wollsiegel). „Absoluter Quatsch“, meint dagegen Uwe Meier-Heinrich vom Bremer Umweltinstitut. Schon im Hausstaub habe man das Hundertfache des Grenzwertes gefunden.

Klagen über Taubheitsgefühle in der Zunge oder auch die ärztliche Diagnose, daß bei einer Betroffenen die Sehnerven geschädigt seien, könnten laut Meier- Heinrich noch „nicht wissenschaftlich“ auf Permethrin zurückgeführt werden. Die Beschwerden könnten durch andere Wohngifte verursacht sein. Ihm seien viele Fälle bekannt, wo die Betroffenen bei Auszug aus der Wohnung wieder wohlauf waren. Und Teppiche ohne Permethrin? Für das Wollsekretariat unvorstellbar: Da würden sich die Motten auf der Auslegeware „wohl fühlen“, die Folge seien unzufriedene KonsumentInnen mit löchrigen Teppichen. Alternativen wie mottenvertreibende Hölzer oder Lavendel „bringen's nicht“, faßt Hebecker zusammen. „Ich habe noch nie einen Teppich gesehen, der von Motten zerfressen wurde“, kontert Meier-Henrich. vivA

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