: Volldampf für die Straßenbahn
■ VCD und BUND legen Stadtbahn-Konzept für Hamburg vor / Kosten: Nur ein Zehntel der U-Bahn / Der Senat „prüft“ seit Jahren Von Marco Carini
Die Schnellbahn zu teuer, der Bus zu langsam. „Damit der HVV aus dem Minus rauskommt und die Hamburger vom Auto in den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, brauchen wir die Stadtbahn“, weiß Jan Scheurer vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Zusammen mit dem BUND legte der alternative Verkehrsclub gestern ein „Stadtbahn-Konzept für Hamburg“ vor.
Ein Kilometer zusätzliche S- oder U-Bahn-Strecke kostet unbezahlbare 100 Millionen Mark. Längst geplante Streckenausbauten nach Jenfeld oder zum Osdorfer Born liegen deshalb seit Jahren auf Eis. Der Bus aber steckt im Stau. „Trotz Busspuren hat sich die fahrplanmäßige Fahrzeit in den vergangenen Jahren immer weiter erhöht“, hat Jan Scheurer ausgerechnet. Brauchte etwa die Buslinie 182 von der Sternschanze zum Eidelstedter Platz 1979 nur 24 Minuten, so weist der Fahrplan heute eine Reisezeit von 33 Minuten aus.
Die Vorteile der Stadtbahn: Eine neue Trasse kostet nur ein Zehntel einer vergleichbaren U-Bahn-Strecke, der Fahrgast kommt schneller voran als im Bus. Der Hamburger Senat aber läßt trotz dieser Vorteile zur Zeit lediglich „prüfen“. Ein 1991 von der Baubehörde bestelltes Gutachten über die Umwidmung von vier Buslinien in Stadtbahn-Strecken wurde noch immer nicht der Öffentlichkeit vorgestellt. Die propagierte Einführung der Straßenbahn-Nachfolgerin gerät zum Schnarchstück.
Anders als in den ersten vorsichtigen Planungen der Baubehörde vorgesehen, hält der VCD die Einführung von zwei Stadtbahn-Typen für notwendig. Neben einer modernisierten Straßenbahn auf eigenem Schienennetz würden auch Stadtbahnen gebraucht, die vom eigenen Gleissystem ins U-Bahn-Netz einfädeln könnten. Nur so könnten zeitraubende Umsteigevorgänge vermieden und die Stadtbahn konkurrenzfähig werden.
Nach dem Konzept des VCD würde im ersten Schritt die vom Rathaus nach Niendorf führende, meist überfüllte Buslinie 102 durch eine Stadtbahn-Strecke ersetzt werden. Von dieser Strecke könnte zusätzlich zwischen Lokstedt und Niendorf eine Trasse abgezweigt werden, die am Flughafen vorbei nach Langenhorn führt.
Die Kosten der Gesamtstrecke, die nach Auffassung des VCD bereits bis 1998 realisiert werden kann, dürften rund 400 Millionen Mark betragen. „Viel Geld, doch nicht viel mehr als eine nur knapp drei Kilometer lange U-Bahn-Strecke zwischen Ohlsorf und dem Flughafen kosten würde“, gibt Jan Scheuerer zu bedenken. Zudem dürfte der Bund den Löwenanteil der neuen Strecke finanzieren.
Bis zum Jahr 2005 könnten dann Großsiedlungen wie Jenfeld und Steilshop mit Neubaustrecken der „U-Stadtbahn“ an das öffentliche Nahverkehrsnetz angeschlossen werden. Anschließend sollten neue Trassen in den Hamburger Außenbezirken den Stadtrand besser mit der City sowie die Randgebiete untereinander verbinden. Neubaustrecken nach Schenefeld und Lohbrügge finden sich in den mittel- und langfristigen VCD-Konzepten genauso wieder wie Querspangen zwischen der City-Nord und Rahlstedt oder Langenhorn und Poppenbüttel. Jan Scheurer: „Die Devise muß heißen: Investieren statt subventionieren. Nur so hat der ÖPNV langfristig eine Chance, aus den roten Zahlen zu kommen“.
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