: Zittern um jede Stimme
■ Gibt es Verräter inSchröders Partei?
Hannover Geheime Abstimmungen im Landtag machen die niedersächsische SPD immer frühzeitig nervös. Das gilt für diesen Donnerstag nicht minder: Im neuen Landtag steht die Wiederwahl von Ministerpräsident Gerhard Schröder an. Die Mehrheit der SPD ist mit nur einer Stimme Vorsprung hauchdünn. 81 SozialdemokratInnen stehen morgen gegen 67 ChristdemokratInnen und 13 Grüne. Schon vor Wochen hat in der SPD ein stilles Zittern begonnen.
Es wurde entfacht durch eine an sich belanglose ungültige Stimme bei internen Personalwahlen in der SPD-Fraktion. Sofort waren die bösen Erinnerungen an die Schmach von 1976 wieder erwacht. Damals gelangte mitten in der Wahlperiode der CDU-Kandidat Ernst Albrecht durch mindestens zwei bis heute unbekannte ÜberläuferInnen aus den Reihen von SPD oder FDP an die Macht.
Bei der SPD zählt nun jede Stimme. Denn beide Oppositionsfraktionen haben angekündigt, gegen Schröder zu stimmen. „Wir wollen hoffen, daß unser großer Unbekannter nicht wieder zuviele Kreuze macht“, unkt ein SPD-Mitarbeiter. Als der neue Fraktionschef Wolf Weber und sein Parlamentarischer Geschäftsführer Heiner Bartling gewählt wurden, hatte jemand seine Stimmen jeweils mit drei Kreuzen ungültig gemacht. Schröder persönlich rief aus, wer Kritik äußern wolle, möge dies doch offen tun. Prompt gab es im nächsten Wahlgang zweimal drei Kreuze.
Daß sich so etwas morgen wiederholt, mag niemand in der SPD so recht zu glauben. Aber Schröder selbst hat im Landtag schon bittere Erfahrungen gesammelt. Als er 1988 die von Spielbank- und Polizei-Skandalen gebeutelte Regierung Albrecht mit einem Mißtrauensvotum testen wollte, stimmte ein Sozialdemokrat anonym für den CDU-Mann. dpa
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