■ Die Große Koalition platzt nicht: Je lobender die Worte ...
Worten, auch besonders markigen, ist nicht in jedem Fall zu trauen. Erst recht nicht, wenn sie aus dem Mund von Politikern kommen. Das gilt auch in der Affäre um Heckelmann, in der sich die CDU-Vertreter reihenweise nachdrücklich und kampfentschlossen hinter Heckelmann stellen, und sei es bis zum Bruch der Koalition. Dabei gilt: Je lobender die Worte – selbst von jenen Parteifreunden, die ansonsten durchaus kritische Distanz zum Innensenator erkennen ließen –, desto mehr sind sie geeignet, dem Skandalsenator das „freiwillige und ehrenhafte“ Ausscheiden aus dem Amt zu erleichtern. Schließlich sieht auch in der CDU kaum jemand mehr die Heckelmann vor Amtsantritt zugeschriebenen Fähigkeiten als brillanter Administrator. Vielmehr nervt er im Senat mit seiner subalternen Hilflosigkeit selbst den Regierenden Bürgermeister. Das Gewitter um die Große Koalition gehört deshalb in das Kapitel des eleganten Abgangs. Denn hinter der polternden Geste, die Labsal für Senator Heckelmann sein mag, gerät natürlich die politische Interessenlage nicht aus dem Blickfeld. Wer hat was zu gewinnen bei einem Bruch der Koalition? Die CDU, auch wenn sie mit einem Wahlgang am Kanzlerwahltag im Oktober kokettiert, kann keine neuen Mehrheiten erwarten, zumal ihr die FDP kaum ein Partner sein wird. Neue Konstellationen könnten sich da eher für die SPD ergeben; die Europawahlen brachten zumindest eine rechnerische Mehrheit für eine rot-grüne Neuauflage. Doch auch SPD-Chef Staffelt hat kein wirkliches Interesse am Ende der Großen Koalition. Sich kurz vor dem Landesparteitag als knallhart agierender Vorsitzender zu präsentieren, nachdem sich der Regierende Bürgermeister bei der Gehaltsangleichung im öffentlichen Dienst als Steher hervorgetan hat, mag ihm ausreichend erscheinen. Der nicht mehr zu rettende Heckelmann wird deshalb auf dem Altar der Großen Koalition geopfert. Eben um diese zu retten. Gerd Nowakowski
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen