: Immer weniger Kinder sterben an Krankheiten
■ Nach dem Jahresbericht des Unicef-Kinderhilfswerks drohen allerdings neue Todesgefahren / Auch reiche Industrienationen bleiben nicht verschont
Brüssel (dpa) – Die Lebensumstände für Kinder haben sich in den meisten Entwicklungsländern verbessert. Hingegen ist der Alltag für Jungen und Mädchen in den Industrienationen schwerer geworden. Zu diesem Ergebnis kommt das Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef) in seinem Jahresbericht, der gestern von Geschäftsführer James Grant in Brüssel vorgestellt wurde.
Seit sich die politischen Führer 1990 auf dem Welt-Kindergipfel in New York zu konkreten Schritten zur Verbesserung der Lebensumstände von Kindern verpflichtet haben, seien in nahezu 100 Staaten nationale Programme in Angriff genommen worden, sagte Grant. „Ungeachtet aller Probleme wurden die Versprechen nicht, wie von vielen vorausgesagt, vergessen.“
Durch systematisches Impfen sei es gelungen, die Kindersterblichkeit wegen Masern von drei auf eine Million Kinder pro Jahr zu senken. Außerdem seien nahezu überall die Geburtenraten gesunken, so daß die durchschnittliche Familie heute 3,7 statt sechs Kinder habe. Weitere Erfolge vermeldet Unicef auch im Bildungsbereich: immer mehr Kinder dürften die Schulbank drücken.
All diese Erfolge könnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß noch vieles im argen liege, sagte Grant. „In Asien leben über eine Million Kinder als Prostituierte, noch immer sterben sieben Millionen Kinder jedes Jahr an Lungenentzündung, Durchfall und Masern.“ Insgesamt seien schätzungsweise 50 Millionen Jungen und Mädchen von Jodmangelerkrankungen betroffen. Und noch eine neue Todesgefahr drohe den Kindern: Bis zum Jahr 2010 werden 850.000 Jungen und Mädchen im Alter unter fünf Jahren an Aids sterben, heißt es in dem Bericht.
Für die reichen Industrienationen zieht das Kinderhilfswerk eine erschreckende Bilanz: so habe sich die Zahl der Kinder, die unter der Armutsgrenze lebe, im vergangenen Jahrzehnt fast durchgehend verdoppelt – in Deutschland auf neun und in den Niederlanden auf zwölf Prozent. In den USA lebe heute sogar jedes fünfte Kind unter der Armutsgrenze. Hinzu kämen drastisch steigende Selbstmordraten und der sich ständig weiter verbreitende sexuelle Mißbrauch.
In Osteuropa machten sich zusätzlich die sozialen Folgen der Wirtschaftsreformen bemerkbar. „Besonders schlimm betroffen sind Kinder und ihre Familien in Albanien, Bulgarien, Rumänien, der Ukraine und Rußland“, heißt es. So verdienten in Bulgarien die Menschen nur noch 61 Prozent ihres Einkommens von 1989, in Rußland seien es 62 Prozent, in Polen 70 Prozent. Parallel dazu gehe hier die Gesundheitsvorsorge drastisch zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen