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Im Knast zählt Menschenwürde wenig

■ In den Gefängnissen sind Erniedrigungen und Mißhandlungen an der Tagesordnung / Bremer Juristen listen eine Fülle von Übergriffen auf

Berlin (taz) – In den bundesdeutschen Knästen sind einer Bremer Untersuchung zufolge Erniedrigungen und körperliche Mißhandlungen von Gefangenen „an der Tagesordnung“. Eine systematische Folter sei in den Haftanstalten zwar nicht nachzuweisen, es gebe jedoch eine „Fülle von Situationen, in denen unmenschliche oder erniedrigende Behandlung stattfindet“.

Die Palette der Repressalien, die die Bremer Juristen Johannes Feest und Christine Wolters im Auftrag der internationalen Menschenrechtsorganisation „Vereinigung für die Verhütung der Folter“ (Genf) auflisten, reicht von der körperlichen Mißhandlung über menschenunwürdige Unterbringung, Isolierungsmaßnahmen und medikamentöse Zwangsbehandlung bis hin zu entwürdigenden Nackt- und Urinkontrollen.

Ein Beispiel aus dem Bericht eines Häftlings in der JVA Mannheim: „Ich wurde vollständig nackt in die Zelle eingesperrt. Dort wurde insofern gefoltert, daß die Fußbodenheizung des Raumes derart aufgedreht wurde, daß ich Brandblasen an den Füßen bekam ... Nach 18 Stunden wurde ich fast ohnmächtig mit vor Durst aufgeplatzten Lippen herausgeholt.“

Der Gefangene war in einen sogenannten „besonders gesicherten Haftraum“ eingesperrt worden, eine Zelle, in der es der Studie zufolge besonders häufig zu Übergriffen kommt. Über solche Zellen in der bayerischen Vollzugsanstalt Kaisheim berichtete die Strafvollzugsbeauftragte der bayerischen Grünen, Käthe Lieder: „Das ,Aquarium‘ ist einer von drei ,besonders gesicherten Hafträumen ohne gefährdende Gegenstände‘. Dieser Raum ist völlig abgelegen, in einem Kellertrakt, für Mitgefangenen völlig unzugänglich, wird von wenigen ausgewählten Beamten versorgt, Glasfront zur Beobachtung. Gefangene werden dort in der Regel nackt, bzw. mit Papierunterhose eingeschlossen.“ Außerdem würde den Gefangenen jeglicher Kontakt versagt, auch zum Arzt, Pfarrer oder Psychologen. Damit seien sie „auf Wohlwollen bzw. Korrektheit der Beamten angewiesen.“

Bestätigt werden nach dem Bericht auch „ausländerfeindliche und rechtsextremistische Übergriffe“ in einzelnen JVAs. Ein ausländischer Gefangener schrieb aus der JVA Bautzen: „Die Zusammenlegung von Gefangenen bei Neuzugängen wird so vorgenommen, daß Auseinandersetzungen vorprogrammiert sind. So wurde ein Ausländer zu einem Gefangenen gelegt, der zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde und zudem noch der rechten Szene zuzuordnen ist.“

Die Studie beruft sich darüber hinaus auf die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe, die im August letzten Jahres die Zustände in den Untersuchungshaftanstalten der Bundesrepublik generell als „menschenunwürdig und rechtswidrig“ bezeichnete. So würden in acht Quadratmeter großen Zellen statt einem zwei Gefangene eingesperrt, in einigen Haftanstalten würden wegen der Überbelegung sogar Matratzenlager in Freizeiträumen eingerichtet. „Eine menschenwürdige Unterbringung“, resümierte die Bundesarbeitsgemeinschaft, „ist daher in vielen Haftanstalten nicht mehr gewährleistet.“

Für die gerade veröffentlichte Studie wurden 130 mit dem Strafvollzug befaßte Experten, von RechtsanwältInnen bis zu Mitarbeitern von Aids-Hilfen, befragt.

Als eine Schlußfolgerung fordern Feest und Wolters, die „gesellschaftliche Kontrolle von Haftorten zu verbessern“. In erster Linie sollte nach dem Muster des Bundeswehrbeauftragten oder des Bundesbeauftragten für Datenschutz angestrebt werden, auch das Amt eines „Vollzugsbeauftragten des Bundes“ einzurichten. Menschenrechtsverletzungen in den Knästen könnte auch vorgebeugt werden, wenn bereits bestehende Empfehlungen des Europarates umgesetzt würden. Empfohlen werden unter anderem die bessere Information der Festgenommenen durch mehrsprachige Merkblätter, bessere Fremdsprachen- und Kulturkenntnisse beim Vollzugspersonal sowie „Abbau und Entschärfung isolierender Maßnahmen“.

Das Bayerische Justizministerium mochte sich an der Studie nicht beteiligen. Im Rahmen der Untersuchung war ein Fragebogen auch an die bayerischen Justizbehörden verschickt worden. In einem Rundschreiben ordnete daraufhin Ministerialrat Gerhart an, „dafür Sorge zu tragen, daß der Fragebogen, falls er Bediensteten ihrer Anstalt zugegangen ist, nicht beantwortet wird“. Wolfgang Gast

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