: Feuer im Flüchtlingsheim
■ Unbekannte verübten Brandanschlag auf Asylbewerberunterkunft / Bewohner konnten sich in letzter Minute vor den Flammen retten Von Kai von Appen
Wieder ein Mordanschlag auf Flüchtlinge in Hamburg. In der gestrigen Nacht zündeten Unbekannte ein Flüchtlingsheim am Knabeweg in Hamburg-Osdorf an. Die BewohnerInnen, die von den Flammen im Schlaf überrascht wurden, konnten sich in letzter Minute retten. Der Westteil des Gebäudes brannte völlig aus.
Die Täter hatten nach Ermittlungen der Polizei gegen 1.30 Uhr an fünf Punkten – vier im Erdgeschoß, einer unter dem Dachboden – die Flammen entfacht. Dabei benutzten sie vermutlich keinen Brandbeschleuniger. Als Anwohner das Feuer bemerkten und angeblich drei Männer weglaufen sahen, stand das Gebäude bereits teilweise in Flammen. Die sechs BewohnerInnen und ihre Verwandten konnten sich aber in Sicherheit bringen. Polizeisprecher Mike Wenig: „Es gab keine Verletzten und keine Toten.“
Die Ermittlungen hat der Staatsschutz des Landeskriminalamtes übernommen, weil ausländerfeindliche und rassistische Motive wahrscheinlich sind. Es wurden zwar keinerlei Bekennerschreiben gefunden, an einem Pfahl in der Nähe wurde jedoch ein Hakenkreuz entdeckt. Im Zuge der eingeleiteten Fahndung nahm die Polizei noch in der Nacht drei Männer fest, nachdem in ihrem Mercedes ein Kanister gefunden wurde. Wenig: „Die gehören aber offensichtlich eher der Autoknacker-Szene an. Zudem befindet sich in dem Kanister Motoröl, das als Brandbeschleuniger völlig ungeeignet ist.“ Ferner sind die drei Männer, die der Polizei nicht unbekannt sind, niemals in rechtsradikalen Kreisen in Erscheinung getreten.
Nach zwölfstündiger Überprüfung - unter anderem wurden penible Kleidungsproben entnommen - sind die drei Männer am gestrigen Abend wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Wenig: „Es besteht kein Tatverdacht mehr.“
Die Asylbewerber sind im Laufe des gestrigen Tages in Ausweichunterkünfte in Rissen umquartiert worden. Die Unterkunft am Knabeweg – in der bis vor kurzem Dutzende von Asylbewerbern untergebracht waren – sollte in diesen Tagen gänzlich geräumt und abgerissen werden.
Erst im Mai hatten Unbekannte einen Brandanschlag auf die Wohnung eines somalischen Ehepaares in Osdorf verübt, einen Tag später zündeten Brandstifter einen Wohn-Container einer Flüchtlingsunterkunft in Wellingsbüttel an. Bei Mordanschlägen durch Neonazis waren in Mölln 1992 drei türkische Frauen ums Leben gekommen, bei einem Brandanschlag von Rechtsradikalen in Solingen verbrannten fünf Menschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen