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Wenn Schweizer in den Himmel wachsen ...

■ ... und Rumänen von Fußball-Wolke sieben purzeln, ist Historisches passiert

Berlin (taz) – Hopp Schwiiz! 4:1 gegen Rumäniens hochgelobtes Ensemble um Hagi & Raducioiu. Und da im Team der Bergsteiger- Vagabunden auch vier annektierte Fußball-Deutsche mitkicken, verfolgten vor deutschen Fernsehapparaten acht Millionen, wie die exilierten Schweizer aus der deutschen Bundesliga, Alain Sutter (Neu-Bayer mit gebrochenem Zeh: „gar nicht so lustig“), Chapuisat (Alt-Dortmunder), Adrian Knup (Neu-Karlsruher, zweimal: „Es ist mein Job, Tore zu machen“) das demonstrierten, was den Weltmeistern aus eigenem Lande bisher nicht so recht gelingen wollte: Ästhetisches am und mit dem Ball.

„Im Grunde des Herzens mag keiner die deutsche Mannschaft“, räsonierte derweil Germanist Helmut Böttiger im Rundfunk, „diese Angestellten mit ihrer Dienstleistungsmentalität.“ Nein, die Sinnenfreude käme einfach zu kurz in einem Team, das bereits von Franz Beckenbauer die Devise eingetrichtert bekommen habe: „Es geht nicht darum, Fußball zu spielen, sondern zu arbeiten.“

Nichts für Feuilletonisten. Wie auch immer. Die Schwiizer spielten anders – „außer Rand und Band und im Sternzeichen von Knup“ (Corriere dello Sport). Oder, weniger feinsinnig, wie eine „Straßenwalze“ (Corriere della Sera), so daß „Rumänien die Luft ausging“ (Gazzetta dello Sport). Und der Tages-Anzeiger (Zürich) im Überschwang dieses fußballhistorischen Siegeszuges (letzter WM-Sieg der Alpenrepublik vor 40 Jahren, 4:1 gegen Italien) schwelgte: „Dies war eine anfangs gute, später hervorragende Leistung und vor allem ein sehr, sehr wichtiger Sieg ohne jegliche Schwachpunkte.“

Trainer Roy Hodgson denkt weiter: „Nirgendwo wachsen die Bäume in den Himmel – außer im Sport.“ Und der ist hart. Wie Rumäniens Trainer nach dem jähen Ende kolumbianischer Möchte- gern-Wiederholungs-Träume feststellte: „Die Niederlage tut sehr weh.“

Helmut Böttiger verweist unterdessen darauf, daß der Umgang mit dem Ball „durchaus identitätsbildend“ sein könne, vorausgesetzt man tue Spaß und Freude bei aller Arbeit dem danach lechzenden Publikum auch kund. Weiter so! Hopp Schwiiz! coh

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