: Nadelstichlegende
■ betr.: „Gewerkschaftsreform: We niger Mann wäre mehr“ von Mechtild Jansen,, taz vom 13.6.94
[...] Vieles an dem, was Jansen schreibt, ist ja richtig, und viele ihrer programmatischen Forderungen könnte ich auch vertreten (und tue dies auch an anderer Stelle), folgendes möchte ich aber zu bedenken geben:
1. kann keine Gewerkschaft eine Politik betreiben, die sich von den Vorstellungen und Forderungen ihrer Mitgliedschaft allzu weit entfernt. Das hat etwas damit zu tun, daß Gewerkschaften im Prinzip demokratische Organisationen sind und daß die Mitglieder ohne persönliche Nachteile (meistens und kurzfristig jedenfalls) austreten können.
2. können all diese Forderungen nicht durch weniger Regulierung, sondern nur durch mehr Regulierung erreicht werden. Einige Beispiele:
– unbezahlte Arbeit kann nur aufgewertet werden, wenn die Existenz der unbezahlt Arbeitenden anderweitig gesichert ist (und das doch wohl über dem Sozialhilfeniveau),
– neue Arbeitsplätze im Sozial- und Umweltbereich müssen auch bezahlt werden (von wem?),
– lebenslang flexible Arbeitszeiten können nur ein Vorteil sein, wenn der/die ArbeitnehmerIn selbst entscheidet, wann und wieviel er/sie arbeitet (fast alle bisherigen – aufgezwungenen – Tariföffnungen haben die Arbeitnehmer nur zur flexiblen Manövriermasse der Auslastung des fixen Kapitals gemacht, einschließlich des so gefeierten „VW-Modells“).
Nicht die Gewerkschaften verhindern heute „individuell gesteuerte, selbstgewählte nützliche und sinnvolle Arbeit“. Da sind viel mächtigere Instanzen am Werk, gegen die die Gewerkschaften heute mit dem Rücken zur Wand stehen. Da ist Rückenstärkung gefragt und keine Nadelstiche von feministisch-grüner Seite. Andreas Huhn, Kassel
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