: Besetzer sollen versteigert werden
■ Zwei besetzte Häuser bei Auktion der Firma Karhausen Eines steht angeblich leer, das andere soll geräumt werden
Wer als Mieter davon erfährt, daß sein Haus als „Modernisierungsobjekt“ verkauft werden soll, dem schwant nichts Gutes. Wird das Gebäude darüber hinaus als „bezugsfrei“ bezeichnet, hat wieder einmal ein Miethai die Hände im Spiel. In der Brunnenstraße 182 in Mitte erfuhren die BewohnerInnen durch Zufall, daß ihr Haus versteigert werden soll. Als sie schließlich den Auktionskatalog der Karhausen Immobilien GmbH in den Händen hielten, mußten sie feststellen, daß sie als Mieter für den Auktionator gar nicht existierten. Ähnlich ging es den Bewohnern der Invalidenstraße 31. Ihr Haus wird im Katalog der Maklerfirma als Abrißobjekt gehandelt. Die jetzigen Bewohner, versprach der Auktionstext, sollten geräumt werden.
Beide Gebäude stehen bei der heute um 12 Uhr stattfindenden „Sommer-Auktion“ der Firma Karhausen im Angebot. Ob der Verkauf von Häusern und Bewohnern jedoch reibungslos über die Bühne gehen wird, ist offen. Die betroffenen Bewohner jedenfalls haben Proteste gegen die „Irreführung der Kaufinteressenten“ angekündigt. In der Brunnenstraße 182, erklärten gestern die Mieter, habe man einen Sachverständigen der Firma Karhausen bereits vor einigen Wochen darauf hingewiesen, daß die ehemaligen Besetzer nunmehr über unbefristete Mietverträge verfügten. Dennoch sei das Vorderhaus im Katalog als „bezugsfrei“ angeboten worden.
Eine Lüge, meinen die Besetzer, sei auch die Bezeichnung „Modernisierungsobjekt“. Die meisten der Wohnungen sind inzwischen durch Mietermodernisierungsmaßnahmen mit ausdrücklicher Genehmigung der Wohnungsbaugesellschaft Mitte saniert. Eine weitere Modernisierung ist hiermit praktisch ausgeschlossen. Den Chef der Auktionsfirma, Mark Karhausen, nach eigenen Angaben Alt-68er, ficht das freilich nicht an. Hatte er nach einem Gespräch mit den Bewohnern der Brunnenstraße 182 zunächst zugesagt, das Gebäude wegen der falschen Angaben aus dem Angebot zu nehmen, steht es nun wieder zum Verkauf. Zum Verkehrswert von insgesamt 1,65 Millionen Mark.
4,8 Millionen Mark gar soll die Invalidenstraße 31 kosten. Der Grund für den hohen Preis: ein vorliegender Bauvorbescheid, der den Abriß der Gebäudeteile vorsieht. Doch auch hier wohnen und arbeiten seit geraumer Zeit etwa 40 Künstler, im Parterre findet sich die Galerie „Mutzek & Mutzek“. Für Karhausen offenbar kein Problem. Die Bewohner hielten sich illegal im Haus auf, heißt es im Katalog, der Eigentümer sichere eine Räumung zu.
Auch die BewohnerInnen der Invalidenstraße wollen heute bei der Auktion anwesend sein. Schließlich hat man in den ehemals besetzten Häusern noch allzugut in Erinnerung, daß eine von den Eigentümern versprochene Räumung nicht immer von den Amtsgerichten verfügt wird, sondern von den Spitzhacken gedungener Bauarbeiter.
Erst neulich wurden in der Rigaer Straße und in der Palisadenstraße in Friedrichshain zwei Häuser im Auftrag der Eigentümer überfallen. Im Fall der Rigaer Straße ermittelt nun die Staatsanwaltschaft. Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen