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Modellfall Buxtehude

■ Bürger-Dialog für friedliches Zusammenleben von AusländerInnen und Deutschen Von Thomas Morell

Nach zahreichen Brandanschlägen auf Asyl-Heime und Morden durch Rechtsextremisten wollte die norddeutsche Kleinstadt Buxtehude mehr tun, als nur zu protestieren: So begann vor zwei Jahren in der idyllischen Has'-und-Igel-Stadt ein Forschungsprojekt für ein besseres Zusammenleben von Deutschen und Ausländern. Professor Wolfgang Gessenharter, Politologe und Initiator des Projekts, legte jetzt den Abschlußbericht vor.

Gefordert werden in dem Maßnahmenkatalog unter anderem ein Gebetsraum für Muslime, Vertrauenslehrer für ausländische Schüler und ein zweiter Ausländerbeauftragter. Die Stadt hat bereits Zustimmung signalisiert. Ausländer werden im Gegenzug aufgefordert, ihre Deutsch-Kenntnisse zu verbessern. Wichtigster Erfolg ist für Gessenharter, daß es gelang, Deutsche und Ausländer in einem breiten „Bürger-Dialog“ miteinander ins Gespräch zu bringen.

Was denken deutsche Buxtehuder wirklich von Ausländern? In teils mehrstündigen Einzel-Interviews wurden sechzig repräsentative Bürger über ihr Verhältnis zu Ausländern befragt. Gessenharter: „Vom harten Ausländer-Gegner bis zum Multi-Kulti.“ Die Antworten hätten gezeigt, daß die Bürger in der Regel ein sehr differenziertes Bild von Ausländern haben. Sein Fazit: „Wer nicht auf Stammtisch-Niveau fragt, erhält auch sehr vernünftige Antworten.“

In „Moderatoren-Runden“ wurde das Bürger-Gespräch fortgesetzt. Vereinsvorsitzende, Politiker, „Aktivisten“, Verwaltungsbeamte und Polizisten trugen rund 150 Vorschläge für ein besseres Miteinander zusammen. Gessenharter: „Meistens war es friedlich, es gab aber auch knallharte Konflikte.“ Eine 25köpfige „Planungszelle“ faßte die Vorschläge dann in einem „Bürger-Gutachten“ zusammen. Neben Deutschen waren auch Jordanier, Türken, Perser und Polen beteiligt.

Kirchen, Initiativen, Kommunalpolitiker und auch Bürgermeister Rudolf Näthhorn (SPD) unterstützen das Projekt. Sollte einer der Vorschläge abgelehnt werden, so Näthhorns Versprechen, müsse dies öffentlich begründet werden. Für Gessenharter eine Bedingung der Arbeit: „Wir wollten, daß die Bürger ernst genommen werden.“

Dabei gehört die Planstelle eines Ausländer-Beauftragten noch zu den kostenintensivsten Maßnahmen. Gefordert wird unter anderem eine Außenstelle der Ausländerbehörde, um den Ausländern die Fahrt in die Kreisstadt Stade zu ersparen. Eine Info-Broschüre soll erstellt, ein Ausländer-Beirat gegründet und eine Resolution gegen Rassismus verabschiedet werden. Politiker sollen sich auf Landes- und Bundesebene für ein Einwanderungsgesetz und die doppelte Staatsangehörigkeit stark machen. Forderungen wie die nach Einstellung eines kommunalen Koran-Lehrers wurden zwar wieder verworfen. Eine Deutsch-Ausländische Gesellschaft ist dagegen in der vergangenen Woche gegründet worden. Sie soll Hilfsangebote ausbauen und Forum für den begonnenen Bürger-Dialog sein.

Schon haben sich erste Nachahmer für das „Buxtehuder Modell“ gefunden: Wilhelmsburg, sozialer Brennpunkt im Süden Hamburgs, will das Projekt gern übernehmen, um Rassismus und Politikverdrossenheit abzubauen. Doch die Umsetzung ist unsicher. Anders als den Buxtehudern mit ihrer Ratsversammlung steht den Wilhelmsburgern mit Ortsausschuß, Bezirksversammlung, Bürgerschaft und Senat eine auch für Insider kaum zu durchschauende Verwaltung gegenüber.

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