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■ Das PortraitPetra Sitte

Sie ist zwar die eigentliche Gewinnerin der Landtagswahl, aber schon vor den Wahlen hat sich die PDS- Spitzenkandidatin Petra Sitte auf die Verliererrolle eingerichtet. „Veränderung beginnt mit Opposition“ war der PDS-Wahlkampfslogan, und nicht nur Petra Sitte mußte sich deshalb immer wieder anhören, daß man so natürlich jede politische Forderung aufstellen kann, ohne sagen zu müssen, wie sie denn nach der Wahl umgesetzt werden soll.

Dabei begriff die 33jährige Wirtschaftswissenschaftlerin die Opposition nie als Fundamentalprogramm. Politische Verantwortung zu übernehmen heiße zwar auch, ein Regulativ zur Regierung zu sein. Konstruktive Opposition sei aber nicht nur das Gegenteil von Regierungsbeteiligung. Veränderung wünscht sie sich schon, und deshalb wurde sie in der Schlußphase des Wahlkampfes nicht müde, dem SPD-Spitzenkandidaten Höppner die Tolerierung einer SPD-Minderheitsregierung durch die PDS anzudienen.

„Festgefügte Koalitionen sind ohnehin ein politisches Auslaufmodell“, glaubt Petra Sitte. Bei jeder Meinungsverschiedenheit gerate eine solche Politehe in die Krise, Fraktionschefin der Magdeburger PDSFoto: Reuter

werde die Sachpolitik zumindest vorübergehend hintangestellt. Da ist der privat Alleinstehenden eine Minderheitsregierung, die sich ständig wechselnde Mehrheiten sucht, doch lieber. Berührungsängste hat sie dabei nicht einmal gegenüber der CDU. Am letzten Sitzungstag des Landtags wußte CDU-Landtagspräsident Klaus Keitel gar nicht, wie ihm geschah, als ausgerechnet die PDS-Fraktionsvorsitzende ihm als einzige von 106 Abgeordneten einen Blumenstrauß überreichte und ihm für seine Arbeit dankte.

Zehn Jahre vor der Wende trat Petra Sitte in die SED ein, zwei Jahre lang war sie als 2. Sekretär der FDJ- Kreisleitung an der Martin- Luther-Universität in Halle tätig. Dennoch sieht sie sich nicht als kritiklose Mitläuferin. Sie habe geglaubt, die SED ließe sich von innen heraus reformieren. Daß sie aber auch nach den letzten DDR- Wahlen und dem Sputnik- Verbot persönliche Konsequenzen scheute, hängt ihr innerlich heute noch nach.

Erst in einigen Jahren wird sich erweisen, ob die etablierten Parteien mit der PDS unbefangener umgehen können. Wenn die Partei dann noch so gute Ergebnisse einfährt wie bei dieser Landtagswahl. Den bis dahin notwendigen langen Atem trainiert die ehemalige Leistungsschwimmerin heute mit dem Rennrad. Eberhard Löblich

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