Ein geteiltes Land

■ Präsidentenwahl spaltet die Ukraine

Berlin/Kiew (taz/dpa) – Nach ersten inoffiziellen Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine zeichnet sich eine Spaltung des Landes ab: Während der amtierende Präsident Leonid Krawtschuk in den westlichen Regionen zwischen 70 und 90 Prozent gewann, erzielte der frühere Premierminister Leonid Kutschma ein vergleichbar hohes Ergebnis in den östlichen und südöstlichen Regionen des Landes. Die regionale Spaltung ist gleichzeitig eine ethnische: Im Osten des Landes ist die Bevölkerung mehrheitlich russisch, ihre Stimmabgabe für Kutschma ist auch ein Votum für eine engere ökonomische Anbindung an Rußland. Auf der Krim stimmten 82,5 Prozent für Kutschma. Konkrete Zahlen über landesweite Ergebnisse waren zuerst vom Chef der Nationalbewegung Ruch, Wjatscheslaw Tschornowil, zu erfahren. Danach konnte Krawtschuk 40 Prozent gewinnen, für Kutschma stimmten 35 Prozent. Ruch hatte in der Wahlnacht mit eigenen Beobachtern Informationen gesammelt.

Auch vor Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses ist somit klar, daß die Ukrainer in zwei Wochen bei einer Stichwahl über den künftigen Präsidenten des Landes abstimmen müssen. Alle anderen fünf Bewerber landeten abgeschlagen, einen überraschenden Achtungserfolg konnte jedoch Wladimir Lanowoj erzielen. Nach Angaben von Ruch liegt der Reformökonom landesweit noch vor dem sozialistischen Parlamentspräsidenten Alexander Moros, in Kiew übertraf er mit 26 Prozent selbst Kutschma. Die Wahlbeteiligung lag bei 68,9 Prozent.

Mit einem Erfolg beenden konnte Krawtschuk auch die Regionalwahlen. Insgesamt zehn der von ihm vor drei Jahren zu Präsidialstatthaltern ernannten Kandidaten wurden in Direktwahlen zu Vorsitzenden der Regionalparlamente gewählt. Auch hier gewann Krawtschuk aber überwiegend in den zentralen und westlichen Regionen des Landes, allerdings mit einer Ausnahme: In Lviv (Lemberg) wurde Krawtschuks bisheriger Präfekt von einem führenden Vertreter der nationaldemokratischen Opposition geschlagen.