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Etwas fürs Herz

■ Wenn Bolivien Trauer trägt, muß Spanien gewonnen haben – 3:1

Berlin (taz) – „Bolivien hat viel gelitten“, und Trainer Azkargorta mit. Mehr noch, „el Bigoton“, der Riesenschnauzer, war untröstlich. Selbst ein Anruf des Staatspräsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada höchstpersönlich in Chicago vermochte dessen Kummer nicht zu lindern: „Dies ist ein Tag der Trauer.“ Damit basta. Wenn Bolivien Trauer trägt, muß Spanien gewonnen haben. Exakt – 3:1. Viva españa: „Ich bin wahnsinnig glücklich“, bezaubert sich José Luis Caminero an seinen beiden Toren. Aber, Spanien hat den Andenstaat aus dem weltmeisterlichen Spiel geworfen. Das erste und einzige bolivianische WM-Tor konnte selbst den Schützen desselben nicht mit den Unbilden des Soccers (Elfmetergeschenk für den Gegner) versöhnen: „Das Tor ist doch jetzt nichts mehr wert“, litt Erwin Sanchez so stark, daß Journalisten, die, so sagt man doch, gerne über Versager herfallen, von ihrem Fraß abließen, um dem Deprimierten einmal aufmunternd übers Haupt zu streicheln. Tor wertlos, abgehakt, dafür hat ,Platini‘ seinen Marktwert erhöht: „Wenn ein gutes Angebot kommt, wechsele ich.“ Frage: Sind der Karlsruher SC und AC Florenz gut genug?

Schön, wer die Wahl hat. Azkargorta hatte sie nicht: „Wie soll man sich fühlen, wenn man kaum Spieler hat, und dann noch drei verliert?“ – Superstar Etcheverry nach drei Minuten WM gesperrt, Cristaldo auch, Baldivieso auch. Schwierig. So schwierig, daß selbst die Götter, die fünf Indio-Priester in La Paz beschworen, sich außerstande zeigten, zu helfen. Pachamama und Tata Inti sollten das bolivianische Team stärken und die gegnerischen Gelenke schwächen. Geschwächt hat der WM-Trip Boliviens in jedem Falle die kollektive Arbeitsmoral. Ganz Bolivien saß vor der Glotze. Guido Loyaza Mariaca, Boliviens Fußballpräsident: „Das ist sicher nicht gut für unsere Wirtschaft, aber sehr gut für die Herzen der Bolivianer.“ coh

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