Unterm Strich

Die Bundesrepublik übt dieser Tage für Europas Vereinigung: der D-Day wird gefeiert, die Alliierten werden verabschiedet, und die geraubten Kunstschätze aus dem Zweiten Weltkrieg werden ihren rechtmäßigen Besitzern ausgehändigt. Am Montag sind insgesamt 27 kostbare Gemälde und Zeichnungen von fanzösischen Künstlern wie Monet, Renoir, Cezanne, Delacroix und Gauguin in Berlin an Frankreich zurückgegeben worden. Die Werke waren unter bisher ungeklärten Umständen von Paris nach Deutschland gelangt. Ein katholischer Geistlicher hatte sie 1972 dem Kustos der Ostberliner Nationalgalerie übergeben und sich bei Fragen nach der Herkunft auf ein Beichtgeheimnis berufen. Erst 1990 war das Geheimnis um die Existenz der Kunstschätze in den DDR-Depots gelüftet worden.

Bereits am 30. Mai hatte Bundeskanzler Helmut Kohl in einem symbolischen Akt beim deutsch-französischen Gipfeltreffen in Mülhausen (Elsaß) dem französischen Staatspräsidenten François Mitterrand ein Gemälde von Claude Monet überreicht. Damit wollte man auch den Russen zu verstehen geben, daß Bonn den von Heinrich Schliemann entdeckten „Schatz des Priamos“ zurückmöchte, der 1945 in die Sowjetunion transportiert wurde.

Die übrigen Gemälde wurden jetzt in der Alten Nationalgalerie in Berlin vom Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Werner Knopp, an den Direktor der Archive des Quai d'Orsay, François Renouar, übergeben. Ihre genaue Herkunft allerdings ist kaum mehr auszumachen: Dem Prälaten waren die Bilder im Anschluß an eine Beichte von einem früheren deutschen Soldaten zu treuen Händen gegeben worden. Der hatte die Gemälde und Zeichnungen von einem deutschen Offizier in Paris erhalten mit dem Auftrag, sie nach Deutschland zu bringen, wo sie der Offizier nach dem Krieg wieder abholen wollte, was jedoch nie erfolgte.