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Erste Prozeßrunde gegen „Crash-Kid-Papa“

■ Amtsgericht verurteilt selbsternannten Bahnhofskinder-“Betreuer“ Helmut Behnel wg. Anstiftung zum Aktenklau / Wichtige Zeugen wurden unangehört nach Hause geschickt Von Kaija Kutter

Zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen a zehn Mark wurde gestern der als „Crash-Kid-Papa“ bekannte Helmut Behnel vor dem Amtsgericht verurteilt. Gegenstand des Prozesses waren der Vorwurf der Hehlerei, der Anstiftung zum Diebstahl und dreimaliges Schwarzfahren. Der erste Anklagepunkt wurde „im Hinblick auf ein späteres Verfahren“ vorläufig eingestellt.

Sehr zum Ärger des Ehepaares Tietz aus Rendsburg. Den ehemaligen Pflegeeltern war im Mai 1992 Schmuck im Wert von 30.000 Mark geklaut worden. Ihre Aussage, daß Helmut Behnel mit ihnen telefonisch über den Rückkauf des Diebesguts verhandelt habe, war bisher weder von der Kripo noch von der Staatsanwaltschaft gefragt. Auch gestern fuhr das Ehepaar unangehört nach hause.

Bleibt abzuwarten, ob der Schmuckdiebstahl in einem späteren Verfahren wieder auftaucht. Mehr beiläufig erwähnte Staatsanwalt Klaus Neulke gestern, daß gegen den Angeklagten ein weiteres Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzt anhängig ist. Wie die taz berichtete, haben im vergangenen Herbst mehere Kinder aus dem Bahnhofsmilieu Behnel dahingehend belastet, er habe ihnen Hasch für Diebesgut und Gefälligkeiten gegeben.

Gegenstand des Prozesses war die Frage, inwieweit Behnel die damaligen Pflegekinder René B. und Daniel H. zum Diebstahl angestiftet hat, und ob er es war, der die Ware später feilbot. Zum zweiten ging es um eine geklaute Akte aus dem Büro des Jugendhilfeträgers SME (Verein für milieunahe Erziehung). Behnel, so der Vorwurf, soll René B. im Februar 1992 zu diesem Diebstahl animiert haben.

Der in den Zeugenstand gerufene René, 16 Jahre alt, nahm frühere Aussagen jedoch wieder zurück, so daß sich dem Gericht ein wirres Bild darbot. Alles, was er im letzten Herbst gegen Behnel ausgesagt habe, täte ihm leid und würde so nicht stimmen. Ein im finnischen Kuttula aufgenommenes Protokoll sei nur zustande gekommen, weil ihm vorher Alkohol angeboten worden sei. Die von ihm vor zwei Jahren getroffene Aussage, Behnel habe nicht gewußt, daß der Schmuck geklaut war, entspreche „am ehesten der Wahrheit.“

Ein ganz anderes Bild zeichnete SME-Leiter Rüdiger Kühn gestern vor Gericht. René B. und dessen damalige Freundin hätten ihm im Februar 1992 in einem vertraulichen Gespräch „allerhand Aufschlußreiches“ über die Praktiken Behnels erzählt. Kühn: „Diesen Abend werde ich nicht vergessen“. Von sexuellem Mißbrauch von Kindern, Hehlerei und Hasch als „Währung“ für Diebesgut sei dort die Rede gewesen. Auch habe René bezeugt, er habe in Behnels Auftrag die Akte gestohlen, damit der die Einrichtung „fertig machen“ könnte.

Behnel selbst hatte zu Prozeßbeginn die Aussage verweigert, räumte aber nach Abschluß der Beweisaufnahme ein, René 50 Mark für die Akte geboten zu haben. Das Dokument habe er benötigt, um nachzuweisen, daß René und dessen Freundin drei Monate lang unbetreut in einer unmöblierten Wohnung gehaust hätten. Auch die Schwarzfahrten gab Behnel zu. „Ich würd' mich freuen, wenn das Damoklessschwert endlich von mir genommen würde“, endete der Angeklagte.

„So können Sie das nicht verstehen“, sagte der Richter nach dem Urteilsspruch. Das Verfahren habe nicht „den Gesamtkomplex der Crash-Kids-Betreuung“ zum Gegenstand gehabt.

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