: Von Patienten, Kriminellen und Lobbyisten
■ Drogendebatte: Vorerst keine Aussicht auf neue Wege in der Drogenpolitik
Sind Drogenabhängige hilfsbedürftige Patienten, oder sind sie gefährliche Kriminelle, die von der Polizei verfolgt werden müssen? Unter diesem Motto stand die Diskussion, die am Dienstag abend im Rathaus Schöneberg stattfand. Vor rund hundert Zuhörern debattierte Bernd Köppl von Bündnis 90/Die Grünen mit dem amtierenden Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) über mögliche Alternativen zur derzeitigen Drogenpolitik. Zumindest in einem Punkt waren sich der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen und der Innensenator einig: wer Rauschgift nimmt, ist ein Patient und behandlungsbedürftig. Und so drehte sich die Debatte im wesentlichen darum, wo man die Prioritäten im Kampf gegen das Rauschgiftproblem setzt. Während Heckelmann seine Strategie aus Repression, Prävention und Therapie verteidigte, sprach sich Köppl für neue Wege in der Drogenpolitik aus. Er schlug eine flexiblere Drogenpolitik vor, in deren Rahmen auch eine kontrollierte Abgabe von Heroin an Süchtige möglich sein müsse. Köppl kritisierte die von Heckelmann praktizierte Verfolgung und Kriminalisierung von Süchtigen und verwies auf Konzepte, die in anderen deutschen Großstädten derzeit versucht werden. In Frankfurt gebe es beispielsweise Ansätze, Polizeiarbeit und Drogensozialarbeit zu koppeln. Insgesamt, so Köppl weiter, verlange er, daß der Innensenator darüber nachdenke, welche neuen Wege in der Drogenpolitik möglich und machbar seien.
Heckelmann sprach sich deutlich gegen jegliche Form von Freigabe oder kontrollierter Abgabe von Heroin aus und beharrte auf seiner Linie, die zwar das Drogenproblem auch nicht lösen könne, aber nach seiner Auffassung bisher verhältnismäßig erfolgreich gewesen sei. Er werde auch weiterhin auf Repression gegenüber Süchtigen setzen. Denn die Süchtigen seien nicht nur Patienten, sondern vor allem auch Kriminelle im Sinne des geltenden Strafrechts.
Die Tatsache, daß bislang weder erhöhter Fahndungsdruck noch harte Strafen den zunehmenden Rauschgiftkonsum einzudämmen vermochten, zeigt, daß die Strategie des Innensenators nicht ausreicht und auch in Berlin auf die Dauer keine Perspektive hat. Mit Politikern, die sich einer kontrollierten Abgabe von Drogen entgegenstellen, haben die internationalen Rauschgiftkartelle ihre besten Lobbyisten. Peter Lerch
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