: Bezirke müssen noch mehr sparen
■ Finanzsenator Pieroth: Letztes Wort bei Globalsummen noch nicht gesprochen
Zuckerbrot und Peitsche – mit dieser Taktik mischte sich gestern Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) in die laufende Debatte um die Globalsummen für die bezirklichen Haushalte ein. Vor dem Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses verkündete er Überlegungen seiner Verwaltung, die dreiundzwanzig Bezirke künftig an den Einnahmen der Gewerbesteuer zu beteiligen.
Zugleich machte der CDU-Politiker deutlich, daß die Bezirke sich bei den nächste Woche anstehenden Beratungen über den Doppelhaushalt 1995/96 auf weitere Einsparungen einstellen müssen. Über die jetzt zugewiesenen Globalsummen, die zur Zeit in den Bezirken beraten werden und ihnen erstmals weitgehende Haushaltshoheit gewährt, sei noch nicht „das letzte Wort gesprochen“. Nach Informationen der taz wird derzeit in Senatskreisen darüber nachgedacht, die Globalsummen um bis zu zwölf Prozent zu kürzen.
Durch die Ausschüttung der Gewerbesteuer erhofft sich Pieroth nicht nur eine weitere Stärkung der bezirklichen Eigenverantwortlichkeit, sondern auch ein zusätzliches Argument für die oftmals umstrittene Ansiedlung von Industrie und Gewerbe. Die ersten Schritte in diese Richtung will die Verwaltung 1997 einleiten. Vorher müßten allerdings „nicht unerhebliche Schwierigkeiten“ bei der Zurechnung des Gemeindeanteils am Gesamtsteueraufkommen beseitigt werden, meinte Finanzstaatssekretär Werner Heubaum.
Die Abgeordnete Michaele Schreyer von Bündnis 90/Die Grünen meldete gegenüber der Beteiligung der Bezirke an der Gewerbesteuer Vorbehalte an. Dies sei „nicht der richtige Weg“. Viele Vorhaben würden gesamtstädtisch und zentral entschieden. Bezirke, in denen kaum Gewerbe vorhanden sei, müßten Einnahmeverluste hinnehmen.
Der Sprecher des Rates der Bürgermeister, Jörg-Otto Spiller (SPD), forderte den Senat auf, einen Teil der Einnahmen bei den einzelnen Einrichtungen in den Bezirken zu belassen. Dadurch könnte die Motivation der Mitarbeiter bei der Umsetzung der Verwaltungsreform erhöht werden. Offen blieb gestern, wie die Bezirke mit den zugewiesenen Mitteln im Falle drastisch steigender Sozialhilfekosten umgehen. Nach Meinung von Finanzstaatssekretär Heubaum sollte ein Kriterienkatalog erarbeitet werden, um einen Ausgleich zwischen den Bezirken zu schaffen. Dagegen warnte Harald Wolf von der PDS davor, den finanziellen Bewegungsspielraum der Bezirke zu verringern, indem Mittel zur Deckung der Sozialhilfe aus dem nicht-zweckgebundenen Haushaltstopf verwendet würden. Severin Weiland
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