Lokalkoloratur

Ein Star, dieser Maximilian Schell, 64. Lebt in Los Angeles, wird mit Preisen überhäuft und schreibt gerade an einem neuen Drehbuch, was aber die Medien viel weniger interessiert als die Behauptung einer Schauspielerin, Schell habe ihr an den Busen gegrapscht. „Ich habe viele Busen in meinem Leben berührt, aber den nicht“, gestand er, der sich „wie Renoir oder Henry Miller“ als „großer Bewunderer der Frauen“ versteht, bei seiner gestrigen Begrüßung in Hamburg. Bedauerlich findet er, daß die Medien solche Prioritäten setzten. In den USA könne jedermann eine Pressekonferenz einberufen, klar, so aber passiere ein Rufmord, ohne daß man sich überhaupt wehren könne. Tja, die neue Welt, die mit solchen Kampagnen nun sogar den US-Präsidenten in den Bankrott zu treiben droht! Tja, der unerreichte GG! - über solcherlei plaudert Schell mit hinreißend sonorer Schmeichelstimme. Dabei sind 31 Jahre ins Land gegangen, seit er auf der Bühne des Schauspielhauses den Applaus für seinen Hamlet entgegennahm. 49mal hatte sich 1963 nach der letzten Vorstellung der letzten Inszenierung von Gustaf Gründgens der Vorhang gehoben. Jetzt kehrt Schell als Professor Higgins in My Fair Lady an die Kirchenallee zurück, um vom 5. Juli bis 7. August die Kassen zu füllen, damit das Haus in Herbst und Winter wieder uneingeschränkt seinem Bildungsauftrag nachkommen kann. Aber, wie der eisgraubärtige Star darlegte, bildet auch My Fair Lady: Zum einen sei er überzeugt, daß auch der große GG das Musical „mit Begeisterung“ gespielt hätte, „aber auf deutsch“. Zum anderen wird in englischer Sprache gespielt, da das „Musical des Jahrhunderts“ einfach nicht übersetzbar sei, und die stark an George Bernard Shaws Pygmalion orientierte Sprache in der Übersetzung verloren ginge. Fast mußte er sich zurückhalten mit seinen Anekdoten über Gustaf, an dessen Ruhm sich die ihm nachfolgenden Intendanten so lange messen lassen mußten. Mit Recht? Nun, er habe damals dem geehrten Intendanten unter die Nase gerieben, daß er „museales Theater betreibe, das man doch mit etwas Modernem rasch wegwischen“ könne. Da habe GG, der immer die besseren Antworten gehabt habe, erwidert: „Machen Sie's doch!“ jkn