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Telekom: Milliardenverluste vor der Privatisierung

■ Wir bezahlen bald höhere Gebühren / Eine Million neue Anschlüsse im Osten

Bonn (dpa) – Der Start in die private Freiheit ist nicht besonders gut gelungen. Die noch staatliche Deutsche Telekom hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2,9 Milliarden Mark Miese eingefahren. Im Vorjahr war das Ergebnis noch ausgeglichen.

Trotzdem sprach Telekom- Chef Helmut Ricke gestern auf der Bilanzpressekonfernz „von einem äußerst erfolgreichen Jahr“. Der Verlust sei nämlich nur durch eine neue Buchführung entstanden. Die Umstellung von der schlichten Einahme-Ausgabe-Berechnung in öffentlichen Verwaltungen auf das kaufmännische Rechnungswesen habe Bewertungskorrekturen in Höhe von 4,4 Milliarden Mark nötig gemacht. Erstmals sei die Bilanz von einem Wirtschaftsprüfer testiert.

Wenigstens steig der Umsatz (59 Milliarden Mark, plus 9,3 Prozent). Außerdem seien „entscheidende Schritte in Richtung Wettbewerbsfähigkeit“ getan worden. Wenn der Bundesrat in der kommenden Woche der vom Bundestag beschlossenen Privatisierung der Postunternehmen zustimme, werde die Telekom die nächsten Etappen des Wettbewerbs „mit Siebenmeilenstiefeln“ bewältigen, meint Riecke. Die Gesellschaft Telekom will dann den Pro-Kopf- Umsatz bis zum Jahre 2000 verdoppeln, um das Niveau der internationalen Konkurrenz zu erreichen. Kräftige Stellenkürzungen sind schon fest eingeplant. Nur 200.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen statt bisher 230.000 sollen dann einen Umsatz von 80 Milliarden Mark erwirtschaften.

Schon im letzten Jahr seien „leistungsfähige Tochterunternehmen“ gegründet worden. Ricke verspricht, daß „der Kunde jetzt in den Mittelpunkt“ gerückt werde. Dort steht er zur Zeit vor allem im Weg. 14 Millionen Haushalte sind an das Telekom-Netz angeschlossen – 22 Millionen seien lediglich „anschließbar“. Wennn Ricke beide Zahlen zusammenzählt, ergibt sich, daß sein Unternhemen das weltgrößte Kabelnetz besitzt. Nur betreibt sie es nicht. Erstmals seien aber auch in den neuen Bundesländern mehr als eine Million Telefone angeschlossen worden.

Auch Gewinne werden sich wieder einstellen. 1996 gelten neue Telefontarife, die Nahgespräche „kostendeckender“ machen werden, so Riecke. Zu diesem Zeitpunkt will die Telekom ihr Kapital mit einem Gang an die Börse aufstocken. Die größten Chancen sieht Ricke aber in „internationalen Allianzen“. Die Zusammenarbeit mit der France Telekom und der gemeinsame Einstieg beim US-Unternehmen Sprint mache die Telekom zu einem „weltweiten Anbieter mit europäischer Basis“.

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