piwik no script img

Bergner bleibt das lange Nachsehen

■ Nach dem Treffen von SPD-Chef Höppner und Noch-Ministerpräsident Bergner ist eine Große Koalition in Sachsen-Anhalt endgültig vom Tisch / PDS will sich bei der Wahl Höppners der Stimme enthalten

Berlin (dpa/AFP/AP) – Eine Große Koaltion von CDU und SPD in Sachsen-Anhalt ist wohl endgültig vom Tisch. Die Gegensätze seien nach wie vor unüberbrückbar, sagte der amtierende Ministerpräsident Christoph Bergner (CDU) am Samstag abend nach einem Gespräch mit dem SPD-Spitzenkandidaten Reinhard Höppner in Halle. Die SPD verfolge eine rot-grüne Minderheitsregierung und sei deshalb gegenwärtig nicht zu Verhandlungen mit der CDU bereit, so Bergner.

Der Noch-Ministerpräsident kündigte an, eine Regierung, „die auf einer Basis beruht, die wir für schädlich für unser Land halten“, mit allen parlamentarischen Mitteln zu bekämpfen. Allerdings sei es wichtig, bis zur letzten Minute zu versuchen, eine Große Koalition zustande zu bringen.

Unterdessen hat der SPD-Landesparteirat am selben Tag den für kommenden Mittwoch geplanten Koalitionsverhandlungen mit Bündnis 90/Die Grünen über die Bildung einer Minderheitsregierung zugestimmt. Damit fehlt nur noch die bereits signalisierte Zustimmung der Bündnisgrünen, die für Dienstag ihren Landesdelegiertenrat einberufen haben.

Die Landes-PDS will die Minderheitsregierung grundsätzlich dulden, beschloß ein kleiner Parteitag am Samstag. Für die PDS, die mit knapp 20 Prozent der Stimmen als drittstärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorging, ist das Tolerierungsangebot an eine rot- grüne Minderheitsregierung nunmehr „vom Tisch“, da es von der SPD nicht aufgegriffen wurde, heißt es in der verabschiedeten Empfehlung. Die PDS sprach sich auf einer Sitzung des erweiterten Landesvorstandes in Magdeburg dafür aus, Höppner durch Stimmenthaltung zum Amt des Ministerpräsidenen zu verhelfen.

Das Gremium, dem außer dem Landesvorstand die Mitglieder der Landtagsfraktion und die Kreisvorsitzenden angehören, faßte einen Beschluß, mit dem die Abgeordneten aufgefordert werden, sich bei der Wahl Höppners allerdings der Stimme zu enthalten. Erreicht werden solle damit, daß der SPD-Kandidat im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt wird, in dem die einfache Mehrheit für einen Sieg ausreicht. SPD und Bündnis 90/Die Grünen verfügen mit zusammen 41 Sitzen über die einfache Mehrheit im künftigen Landtag. Die CDU- Fraktion hat dagegen nur 37 Abgeordnete. Einer rot-grünen Minderheitsregierung solle kein „Blankoscheck“ ausgestellt werden, beschloß der erweiterte PDS-Landesvorstand. Vielmehr sollten mit der Regierung Sachgespräche über die Unterstützung einzelner Vorhaben geführt werden. Die PDS sollte in Sachsen-Anhalt nach Meinung ihres Bundesvorsitzenden Lothar Bisky „von Fall zu Fall“ entscheiden, ob sie Vorhaben einer Minderheitsregierung mitträgt. Dazu seien jedoch Gespräche mit der Koalition erforderlich, sagte Bisky am Sonntag im Hessischen Rundfunk. Er halte nichts von einer Schein-Koalition, wobei man sich auf einige Punkte einige, die die PDS zum Überleben einer „Mini-Regierung“ dann mittrage.

Höppner bekräftigte, daß das Ergebnis der Landtagswahlen ein eindeutiges Votum für einen Wechsel und für eine eigenständige Politik in Richtung von mehr Gerechtigkeit und Solidarität sei. Nach seiner Meinung ist eine Minderheitsregierung sehr wohl kompetent und handlungsfähig. Höppner verwies auf die gemeinsamen Wurzeln von Bündnis 90/Die Grünen und SPD vom Herbst 1989. Verhandlungen mit der PDS als Partei lehnte Höppner erneut ab. Kontakte werde es nur im Rahmen der normalen parlamentarischen Arbeit geben.

Die SPD hatte sich einen Tag nach den Landtagswahlen, bei denen sie knapp mit 0,4 Prozentpunkten der CDU unterlegen war, für ein rot-grünes Zusammengehen entschieden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen