: Kunst m. b. Haftung
■ Warum der Bremer Kunstverein keine GmbH werden will
Eigentlich müßte den Kunstfreunden in der Stadt pausenlos das Herz aufgehen, in Vorfreude der kommenden Attraktionen: Alle wollen dem Publikum zu Diensten sein, zugkräftigere und belebtere Ausstellungen in die Kunsthalle holen – nur über den genauen Weg zum Publikum sind sich die Verantwortlichen nicht recht einig. Eine GmbH als neue Betriebsform für die Kunsthalle – so schlägt es jetzt die Kultursenatorin vor. Das Erste Kunsthaus am Platze müsse sich „konsequenter an den Bedürfnissen des Marktes, d.h. der Bevölkerung“ orientieren. Das ist auch der Wunsch des Kunstvereins als Träger der Kunsthalle. Der will den Aufschwung zum großen Publikum allerdings lieber in der traditionellen Vereinsform versuchen. Mit einer GmbH würde Bremen jedenfalls eine bundesweite Vorreiterrolle spielen: Nur wenige Städten sammeln derzeit GmbH-Erfahrungen im Kunstgeschäft, und dort werden die ersten Ergebnisse sehr vorsichtig bewertet.
So muß sich das heimische Kulturressort zunächst eher in Vermutungen ergehen, wenn es um die Vorteile einer Kunsthallen-GmbH geht. Auch eine betriebswirtschaftliche Kalkulation darüber, welche Posten in privater Hand möglicherweise ertragsbringender sein könnten, liegt noch nicht vor. „Das wäre auch Aufgabe der GmbH“, so lautet die Begründung aus dem Kulturressort. So soll das zweieinhalbseitige Diskussionspapier, das am Wochenende dem Vorstand des Kunstvereins zuging, der Kunsthalle vor allem „größtmögliche betriebsmäßige Freiheit und ein hohes Maß an wissenschaftlich-künstlerischer Autonomie“ bringen, heißt es da – eine Anregung zum Nachdenken, die vorerst einen freundlichen Charakter bewahrt. Allerdings, könne man den alten Vertrag auch einseitig kündigen.
Langfristig soll die neue Form den Laden in den Stand versetzen, neben der Dauerausttellung auch ein „Sonderaktivitätsprogramm“ anzubieten, nebst eines umfänglichen „Museums-Shops“ – alles natürlich am Kunden orientiert. Der allerdings muß zuerst geworben werden, denn zuletzt war die Kunsthalle nur noch einem Drittel des Bremer Publikums von 1990 einen Besuch wert: nur etwa 56.000 BesucherInnen verloren sich im letzten Jahr in den Hallen.
Die Verantwortung für das Unternehmen würde allerdings bei den gleichen Leuten verbleiben wie bisher. Denn alleiniger Gesellschafter der GmbH soll der Kunstverein sein. Droben säße ein Aufsichtsrat, gebildet aus Vorständlern des Vereins sowie Senatsvertretern. Was die Zuwendungen der Stadt angeht – derzeit liegen sie bei 1,8 Millionen Mark jährlich – so gelobt Kulturstaatsrat Gerd Schwandner, daß sich an diesen nichts ändern solle. Allerdings soll die GmbH künftig freier darüber entscheiden können, wofür dieses Geld eingesetzt wird. Bislang schreibt ein Vertrag von 1959 zwischen Stadt und Kunstverein so ziemlich fest, daß die Subventionen vor allem für Personalkosten verwendet werden müssen.
Da aber stutzt der Kunstverein. Georg Abegg, Vorsitzender des Vorstands, vermutet darin einen Rückzugsversuch: „Offenbar will sich die Stadt aus ihrer Verpflichtung stehlen, hier einen Direktor und vier wissenschaftliche Mitarbeiter zu beschäftigen.“ Die Bestrebungen nach „Freiheit und Autonomie“ sollen jedenfalls nicht zu Lasten des Kunsthallenpersonals gehen: „Man kann nicht mit weniger Leuten mehr Publikum heranholen.“
Diese Note kommt nicht unerwartet – und doch unterscheidet sie sich von Meldungen aus anderen Städten: Denn vor allem die Bremswirkung komplizierter kommunaler Haushaltsentscheidungen gilt dort als Grund, über die Verwaltung bestehender Kunstbestände in einer GmbH nachzudenken. Als Notnagel allerdings, der angebracht wäre, weil die Kommunen keine kurzfristigen Zusagen mehr machen können, weder für Personalentscheidungen, noch für die Mittelvergabe für Projekte. „Und das brauchen die Museen heutzutage, um interessante Angebote schnell wahrnehmen zu können.“ Der das sagt, ist der Karlsruher Kulturreferent Michael Heck. Trotz aller Mängel ist er jedoch nicht an einer Privatgesellschaft für die Kunst interessiert. Statt dessen schreitet er vor allem zur Selbstkritik: Eine Alternative zur GmbH wäre die Flexibilisierung der ressourcen in den Kommunen, so der Fachmann. tom/ ede
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