: Für eineinhalb Mark den Strafvollzug verbessert
■ Justizsenatorin: Erste-Hilfe-Kästen für Knackis / Nein zu Spritzenautomaten
Die 4.100 Gefangenen der Berliner Haftanstalten sollen in ihren Zellen eine Hausapotheke bekommen. Das kündigte Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) gestern an, als sie nach hundert Tagen Amtszeit Bilanz zog. Die frühere Hamburger Justizsenatorin war im März Nachfolgerin der zum Karlsruher Bundesverfassungsgericht abkommandierten Jutta Limbach geworden.
Die Hausapotheke ist eine weiße Plastikbox mit blauem Deckel, die normalerweise von Arbeitern zum Verstauen der Frühstücksbrote verwendet wird. Aus ihrem Anschauungsstück zauberte Peschel-Gutzeit Tupfer, Kompressen, Pflaster und ein Fläschchen mit einer blauen Lösung. Dieses Desinfektionsmittel sei auch zur Desinfizierung von Spritzen geeignet und mindere bei richtiger Anwendung das Hepatitis- und HIV- Ansteckungsriskio, erklärte sie. Den von der Aids-Hilfe geforderten Spritzenautomaten, das wurde gestern deutlich, wird es ebensowenig geben wie unter ihren VorgängerInnen. Dies sei „aus Sicherheitsgründen nicht möglich“.
Wann und wo das kostengünstige Erste-Hilfe-Set (Stückpreis inklusive Inhalt rund 1,50 Mark) erstmals an die Gefangenen ausgegeben wird, sei noch nicht entschieden. Auch wann das Pilotprojekt „Methadon-Vergabe“ an 15 bis 30 ausgewählte drogenabhängige Gefangene beginnen soll, vermochte die Justizsenatorin nicht genau zu sagen. „Wir hoffen, so schnell wie möglich“, erklärte der Leiter der Abteilung Strafvollzug, Christoph Flügge: es müßten zuvor noch bauliche Veränderungen im Knast vorgenommen werden.
Auch über die in Arbeit befindlichen Richtlinien zum Paragraphen 31a Betäubungsmittelgesetz – keine Strafverfolgung beim Besitz und Konsum geringer Drogenmengen – vermochte Peschel-Gutzeit nur das zu wiederholen, was sie bereits Ende Mai gegenüber Journalisten erzählt hatte: „Wir arbeiten ganz intensiv daran.“ Daß die Richtlinien immer noch nicht fertig sind, begründete sie mit Differenzen zwischen Staatsanwaltschaft und Justizverwaltung über die Drogenart und -menge.
Als Schwerpunkt ihrer Arbeit nannte die Justizsenatorin die Bekämpfung der DDR-Regierungskriminalität. 35 Großverfahren seien von der Staatsanwaltschaft prozeßreif bearbeitet. Die Eröffnung der Verfahren scheitere jedoch an der Überlastung der Gerichte. Sie kündigte an, acht bis zehn zusätzliche Strafkammern zu schaffen. Ob dazu Richter aus dem Bundesgebiet abkommandiert werden, sei jedoch noch nicht geklärt. plu
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