Veruntreute Stadthallen-Chef Gelder?

■ Schwere Vorwürfe von Aufsichtsratsmitgliedern gegen BHVs Stadthallen-Geschäftsführer

Bremerhaven, „Vertraulich“ steht über den Papier. „Nur für die Aufsichtsratsmitglieder der Stadthalle Bremerhaven“. Wir sollen das nicht wissen, denn wenn das stimmt, was da steht, dann - sind auch wir sprachlos. Die Verfasser, die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, haben klar formuliert, lassen wir sie selbst sprechen:

„1. Herr Krams, Geschäftsführer der Stadthalle Bremerhaven Veranstakltungs- und Messegesellschaft mbH, hat Leuchtreklame für die Stadthalle, z.B. den Schriftzug ,Merrry Christmas' u.ä., in Höhe eines fünfstelligen Betrages über seinen Sohn bestellt und bezogen. Sollte Herr Krams dafür keine zweifelsfreie Erklärung bieten, betrachten wir dieses Vorgehen als Mißbrauch seiner Geschäftsführerposition. ...

2. Herr Krams besaß fast das gesamte Jahr 1993 keinen Führerschein. (war ihm aus einschlägigen Gründen entzogen worden, d. Red. Während dieser Zeit ließ er sich fast ausschließlich vom Fahrer der Stadthalle mit dem Firmenwagen oder von Angestellten mit deren Privatwagen von und zur Arbeit und zu anderen dienstlichen Zwecken fahren. Trotzdem nahm Herr Krams Stadthallengelder zur Unterstützung seines Privat-PKW in Anspruch. (...)

3. Die Anwaltskosten, die Herrn Krams durch seinen privaten Rechtsstreit mit Herrn Breuer entstanden, wurden aus Stadthallengeldern beglichen. (...)

4. Herr Krams deckt seit langem die Alkoholprobleme des Stadthallenprokuristen Herrn Salzmann.

... erscheint uns die Anordnung einer Entziehungskur, als Alternative zur Kündigung, als angemessen.

(...)

6. Herr Gutz (Stadthallenangestellter) betreibt, trotz expliziten Verbots, von der Stadthalle aus Geschäfte für seine Künstlervermittlungsagentur ,Kulturinitiative'. Herr Gutz betreibt, trotz expliziten Verbots, während seiner Arbeitszeit für die Stadthalle Geschäfte für seine Künstlervermittlungsagentur ,Kulturinitiative'. Künstlervermittlungen für Stadthallenveranstaltungen laufen fast ausschließlich über die Kulturinitiative. ... Wir befürchten, daß Herr Gutz durch diese Konstellation in unauflösliche Interessenkonflikte verwickelt ist. (...) Unseres Wissens existieren Auszahlungsbelege der Stadthalle, auf denen sich Herr Gutz die Auszahlung von Stadthallengeldern selbst quittiert und gleichzeitig die Richtigkeit dieser Auszahlung attestiert. (...)“

Soweit das vertrauliche Schreiben der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vom 5. Juli 1994. Am späten Nachmittag verweigerten der Stadthallen-Chef und sein Mitarbeiter Gutz noch jegliche Stellungnahme zu den Vorwürfen - sie saßen beim Anwalt.

In der Nacht zum vergangenen Freitag hatte eine große Koalition aus CDU- und SPD-Stadtverordneten die beiden Aufsichtsratsvertreter von FDP und Grünen ihrer Ämter enthoben. (vgl. taz 2.7.) „Ich habe immer mit den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat Krams bekämpft“, gesteht der geschaßte Grünen-Aufsichtsrat Kehl. Die Vorwürfe gegen Krams seien intern bekannt gewesen.

Auch der Gegenspieler und Kritiker von Krams, der SPD-Parteichef Siegfried Breuer, ist gestern auf die schiefe Ebene geraten. Wie Buten&Binnen berichtete, hatte Breuer es versäumt, sich für seine Tätigkeit als Geschäftsführer des Arbeitsförderungs-Zentrums beurlauben zu lassen. „Schlamperei“, sagt Breuer selbst. Seit dem Oktober 1992 gilt aber ein Senatsbeschluß, daß Beamte sich nur noch 6 Monate beurlauben lassen können. Wenn Breuer der SKP seine neue Tätigkeit mit Beurlaubungsantrag mitgeteilt hätte, hätte er auch seine Rückversicherung als A 10-Beamter verzichten müssen. K.W.