piwik no script img

Leeres Haus, viele Tauben, keine Lösung

■ Das einstige britische NAAFI-Haus am Theodor-Heuss-Platz steht leer und verkommt / Die Bundesvermögensverwaltung will es durch den Bund nutzen lassen und nicht an Charlottenburg vermieten

Tauben nisten auf den Fensterbänken. Grashalme zwängen sich zwischen die Steinplatten an der Fassade. Der Putz bröckelt von der Wand. Es ist augenscheinlich: Das einstige NAAFI-Haus (Navy-Army-Airforce-Institution) am Charlottenburger Theodor-Heuss-Platz verkommt.

Seit dem Auszug der britischen Militärs 1991 steht das große, 10.500 Quadratmeter Raum bietende Büro-, Laden- und Kulturgebäude mit seinem weißen Signalturm leer. Die Bundesvermögensanstalt, seit der Rückgabe Eigentümerin des Hauses, kann mit keinem neuen Mieter aufwarten. Ebenso wie die Überlegungen, dort die Hochschule für Film und Fernsehen oder den Sender Freies Berlin (SFB) unterzubringen, sind auch die Angebote an die Deutsche Welle geplatzt. „Der Zustand des leerstehenden Hauses ist verheerend, es verfällt“, sagt die Charlottenburger SPD-Abgeordnete Gisela Meunier. Angesichts der Tatenlosigkeit des Bundes sei es nunmehr an der Zeit, daß sich der Bezirk und der Senat um das NAAFI-Haus kümmerten.

Der schnittige Kasten am Theodor-Heuss-Platz im Stil der Neuen Sachlichkeit wurde von Heinrich Mendelssohn 1929 als Bürohaus geplant. Ab 1946 beherbergte das Haus Einrichtungen der britischen Alliiierten, die sich im sogenannten „Summit House“ Studios des Radiosenders BFBS, einen Kinosaal und ein Einkaufszentrum einrichteten. Nach dem Bau eines Supermarktes in Spandau räumten die Briten das NAAFI-Haus 1991 „besenrein“, wie das Bundesvermögensamt versichert. Seitdem wohnen dort die Tauben.

Die Tauben sind das Resultat eines Zanks über Eigentum, Kultur und Kommerz, bei dem die klare Sicht verlorenging: Während Abgeordnete der Charlottenburger Bezirksverordnetenversammlung das Haus als Standort für die Kiezkultur mit Ateliers, Werkstätten, Theater und Café (so die AL- Politikerin Angelika Ludwig) oder als zusätzliche Fläche für Abteilungen des Bezirksamts (wie Peter Mudra von der CDU findet) sahen, hoffte die Bundesanstalt auf potentere Mieter. Die Angebote gingen an den SFB sowie den Rias, die jedoch wegen der ungünstigen Baustruktur heftig abwinkten. Allzusehr schreckten die geschätzten Sanierungs- und Umbaukosten von über 100 Millionen Mark.

Selbst nach der Absage der Deutschen Welle Ende Juni hält die Bundesvermögensverwaltung an der Strategie fest, den denkmalwerten Bau nicht an den Bezirk Charlottenburg zu vermieten. Zwar möchte das Bundesvermögensamt den „Leerstand so rasch wie möglich beseitigen“, wie Sprecherin Eva Bursch beteuert, „das Gebäude soll für Bundeszwecke genutzt werden.“ Wann sich das jedoch entscheide, sei noch unklar. Eine Zwischennutzung komme allerdings nicht in Betracht. So erscheinen die einzig richtigen und einfachen Pläne des Charlottenburger Bezirksamts, dort das Kino für kommunale Zwecke weiter nutzen zu wollen, wie verlorene Illusionen. Rolf Lautenschläger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen