: Dioxin ist giftiger als vermutet
■ Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine große Anfrage von Bündnis 90/Grüne: Weitere Gefahren des Seveso-Giftes müssen noch untersucht werden
Berlin (taz) – Die gute Nachricht steckt in einem Nebensatz: „Die durchschnittlichen Dioxingehalte in der Muttermilch“, heißt es in einer 60 Seiten starken Antwort des Bundesumweltministers auf eine große Anfrage von Bündnis 90/ Die Grünen, seien seit 1989 um ein Drittel zurückgegangen. Ob das überall so ist, auch in der Nähe von Stahlwerken, die Dioxin aus dem Kamin blasen, sagt die Bundesregierung nicht. Die erfreulichen Daten stammen aus dem Chemischen Landesuntersuchungsamt Münster, seien aber „durch andere Untersucher“ bestätigt worden. Vier Jahre nach dem großen Bund- und Ländersymposium zum Seveso-Gift Dioxin und seine chemischen Verwandten sind noch immer so gut wie alle Fragen offen. Frühzeitig habe sie das Problem erkannt, schreibt die Behörde, und im Fall der Müllverbrennungsanlagen einen weltweit einmaligen Höchstwert für Dioxinemissionen erlassen. Die Muttermilch, die wieder sauberer gewordene, sei „ein Beweis für die Effektivität der getroffenen Maßnahmen“. Eine kühne These. Tatsächlich halten nur die neusten Anlagen den Mindeststandard ein. Daß er auf andere Dioxinquellen in der Industrie und in privaten Haushalten anwendbar sei, hält die Regierung nicht für möglich. Dabei zeigen zahlreiche Untersuchungen, daß das Supergift überall lauert, auf Spielplätzen, in Klärschlämmen und an Straßenrändern. Aber nicht einmal für Zonen mit anerkannt hoher Belastung könne die tägliche Dioxindosis der dort Lebenden bestimmt werden, räumen die Umweltbeamten ein. Im Umweltbundesamt wird an einer Dioxindatenbank erst noch gearbeitet. Sie wird eine Gefahr dokumentieren, die noch größer ist als angenommen. Die bisher durchgeführten Untersuchungen ließen nämlich vermuten, schreibt das Ministerium, „daß neben der bekannten toxischen Wirkung durch Dioxine weitere Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu erwarten sind.“ Niklaus Hablützel
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen