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Die Jugend verabschiedet sich

■ Der Jugendclub im Bremer Theater gibt seine letzten Vorstellungen / Intendant Pierwoß hat neue Pläne

Die Schallmauer ihres Jugendclub-Daseins ist durchbrochen: Zwei Premieren innerhalb eines Jahres sind eine ansehnliche Leistung für eine jugendliche Nachwuchstruppe mit Profi-Begleitung, die als Laientheater neben Schule und Beruf proben muß. Und doch machen die zehn jungen Größen lange Gesichter. Sie befürchten, daß der „Jugendclub Kritisches Theater“, erst vor zwei Jahren ins Bremer Theaterleben geworfen, mit Heymes Weggang zum Niedergang verurteilt wurde. Am 16. Juli, wenn sie mit „Magic Afternoon“ zum letzten Mal auf der Bühne stehen, wird Schluß sein, mutmaßen die zehn Aktiven des Jugendclubs angesichts des neuen Spielplans: „Da gibt es ja keinen Hinweis auf irgendeine Jugendclub-Inszenierung“.

Dabei war eine schauspielerische Entwicklung der jungen Talente deutlich nachzuvollziehen – wenn auch das drohende Ende schon seine Schatten über die letzte Produktion „Magic Afternoon“ warf. Das Stück über Monotonie und Selbst-Zerstörung im Alltag von Jugendlichen mußte da schon mal mit acht DarstellerInnen auskommen – zwar mehr als eigentlich in Wolfgang Bauers Original vorgesehen, aber doch weniger als in einem Traumstück für großartiges Jugendtheater Platz gefunden hätten. Und auf jeden Fall weniger, als noch bei der ersten Aufführung von Dacia Marainis „Stravaganza“, einem Stück über das Leben psychisch Kranker, mitspielten. Für Großartiges allerdings hätte die Zeit bis zur Sommerpause nie und nimmer gereicht. Geschweige denn, daß neue NachwuchsspielerInnen hätten einbezogen werden können. „Im Gegenteil, wir mußten Leute wegschicken“, sagt Inge Winkler, die Regisseurin des Jugendtheaters seit zwei Jahren; auch ihr Abschied von Bremen ist programmiert.

Gleichzeitig mit dem personellen Abschwung in der Truppe kam jedoch deren künstlerischer Aufschwung. Den jedenfalls beanspruchen die Jugendlichen zwischen 17 und 25 Jahren allesamt für sich: „Im bundesweiten Vergleich sind wir ziemlich einmalig.“ Mit diesem Selbstbewußtsein kamen sie im Juni vom bundesweiten Treffen der Jugendclubs zurück, überrascht vom „sozialpädagogischen Jugendtheater“, das in anderen Städten gemacht wird. Sowas wäre nach ihrer Meinung das Schlimmste, was einem Bremer Jugendclub passieren könnte: „So ein pädagogisches, selbstgeschriebenes Stück über Jugendprobleme.“ Deshalb, und weil es Heymes Konzept von Jugendtheater entsprach, haben sie nach Vorlagen inszeniert – und würden es gerne weiter tun. Aber da sei der neue Intendant vor, mutmaßen sie nicht ganz zu Unrecht.

Vom Konzept des Vorgängers Heyme, Jugendliche auch als SchauspielerInnen ans Theater zu binden, wird er wirklich Abstand nehmen, bestätigt Klaus Pierwoß und verweist auf seinen Erfahrungsschatz aus der Intendantenzeit in Köln. Dort lag der Anteil jugendlicher BesucherInnen immerhin bei 36 Prozent – mit einem Jugendangebot, über das damals drei TheaterpädagogInnen Regie führten und wo von Workshops über Improvisationen bis zur eigenen Inszenierung alles möglich war. Was allerdings das Bremer Theater betrifft, werden die Jugendlichen sich gedulden müssen. „Ab September werden wir dafür ein Programm vorlegen.“ Das wird wohl weniger üppig ausgestattet als in Köln. „Aber als GmbH können wir mit unseren Geldern gottseidank frei wirtschaften“. ede

„Magic Afternoon“ läuft noch bis 16.7. - z.B. heute, 20.30 Uhr, Theater im Brauhauskeller.

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