Tag X in Gorleben wird ein paar Wochen dauern

■ Atomtransporte werden erneut überprüft

Gorleben/Stuttgart (dpa/AFP) – Für die Bürgerinitiative hat der Tag X gestern schon begonnen, die Atomindustrie muß sich noch Zeit lassen. Der Transport abgebrannter Brennstäbe aus dem AKW Philippsburg nach Gorleben wird nächste Woche noch nicht stattfinden. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs, das die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) mit Vertretern der Atomindustrie gestern führte. Die Landesregierung will die vor Jahren erteilte Transportgenehmigung des Bonner Umweltministeriums noch einmal rechtlich überprüfen – „bis ins Detail“, sagte die Ministerin in Stuttgart. Das werde „mindestens zwei bis drei Wochen“ dauern. Im übrigen wolle sie es aber auch darauf ankommen lassen, daß ihr Bundesumweltminister Klaus Töpfer eine Anweisung erteile.

Echte Straßenschilder und Absperrbalken warnten in Gorleben in der Nacht zu gestern vor dem Atomtransport. Die Polizei räumte die Straßensperren in den frühen Morgenstunden ab. Der Castor-Transportbehälter steht im AKW Philippsburg bereit. Mitglieder der Umweltorganisation Greenpeace haben angekündigt, daß sie ihn begleiten werden, sobald er das Kraftwerksgelände verläßt.

Bundesumweltminister Töpfer (CDU) bat gestern die Bürgerinitiativen, ihre Proteste abzusagen und zu „respektieren“, daß der Atomtransport rechtmäßig sei. Nicht mehr allzu lange. Die Erlaubnis, in der Lagerhalle von Gorleben hochradioaktive Stoffe zwischenzulagern, ist auf zehn Jahre begrenzt. Diese Frist läuft in den nächsten Wochen ab, für eine Verlängerung müßte das Genehmigungsverfahren neu eröffnet werden. Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) wandte sich gestern in einem Zeitungsinterview an die Atomindustrie. Ihre Absicht, nun doch Brennelemente in Gorleben einzulagern, sei eine „Provokation“. Falls daran festgehalten werde, verlören Bundesregierung und Industrie einen „Gesprächspartner“ in den kommenden Energie-Gesprächen. Kommentar Seite 10