■ Platz für Gäste: Politische Wochenschau
Der belgische Politiker Dehaene schaut drein wie die Bockwurst-Ausgabe von Roman Herzog – freilich ohne den Bildungssenf des Deutschen. Deshalb wollte ihn auch Kohl zum EU-Kommissar von seinen Gnaden machen.
Dem unterlegenen Holländer Lubbers soll er in Korfu zugerufen haben: „Rudi, daß mir ja nicht herumspuckst wie der Rijkard damals!“ Und der widerborstige Brite Major bekam zu hören: „Johnny, reiß dein Maul nicht so auf – ihr spielt doch gar nicht mit!“
Just zur selben Stund' sollten auch die belgischen Roten Teufel nach langer Zeit mal wieder über die Oranjes obsiegen. Aus lauter Dankbarkeit bekamen sie freilich hinterher gegen die Deutschen kaum ein Bein auf den Boden.
Alles scheint momentan wie nach einer geheimen Regie des Kanzleramtes zu laufen. Dabei darf es ausgehen, wie es will: Barbara Friedrichs und ihre Wahlfälscher vom ZDF haben längst die Order von Pepe Boenisch, selbst einen vierten Platz noch wie einen WM-Titel des Kanzlers zu behandeln.
Getreu der schwarzen Parole: Aus Magdeburg kam noch nie etwas Gutes: erst Ollenhauer, dann Sparwasser und jetzt ein Triebtäter!
Seit Kohl seinen Herzog noch vor dessen erster Arie vom Bariton zum Staatssopran gestutzt hat, darf der Neue weder mit dem Finale am 17. Juli noch mit der Feier am 20. Juli rechnen.
Präsidentenwechsel zur WM – erinnern wir uns: Am 1. Juli 1974 wurde Walter Scheel Präsident; und am 7. Juli war er schon Weltmeister – eine typische FDP-Schnorrernummer!
Herzog bleibt indes im günstigsten Fall das Spiel um den dritten Platz. Für den Gang zum Glückwunsch in die Spielerkabine hat er sich jedoch schon einen flotten lateinischen Zweizeiler zurechtgelegt.
Währenddessen probt Kohl im Unterhemd das Finale.
In Bonn soll dieser Tage der prophetische Wolfgang Schäuble vor der Fraktion die lyrische Losung ausgegeben haben: „Der Bulgare, der Bulgare,/ der muß nach Hause fahre.“ Daraufhin habe ihm Kohl als Großmeister des feinsinnigen Humors zugerufen: „Ei, Wolfgang, willste nit mitfahr'n?“ Norbert Seitz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen