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Noch immer klafft ein Milliardenloch

Doppelhaushalt: Nach 28 Stunden Verhandlungsdauer im Senatsgästehaus sind erst 2,5 Milliarden Mark eingespart / 240 Millionen Mark aus dem Sozialetat / Stellenabbau im öffentlichen Dienst  ■ Von Dirk Wildt

Der Senat versucht weiterhin, die Zwischenergebnisse der Verhandlungen um den Doppelhaushalt geheimzuhalten. Aus dem Senatsgästehaus im Grunewald waren am späten Montag abend nur Schreie zu vernehmen: Nach 28 Stunden Verhandlungsdauer brüllten sich einzelne Regierungsmitglieder an. Für das gereizte Klima gab es allen Anlaß. Bislang konnte sich die Senatorenrunde für das kommende Jahr nur auf Einsparungen in Höhe von 2,5 Milliarden Mark einigen. Für 1995 klafft bislang ein Haushaltsloch von 9,5 Milliarden Mark. Eine Steigerung der Netto-Neuverschuldung ist aber nur bis 6,2 Milliarden Mark verfassungsgemäß.

Wie nun die verbleibenden 1,7 Milliarden Mark eingespart werden können, darüber berieten CDU- und SPD-Senatoren im Laufe des gestrigen Tages getrennt mit ihren jeweiligen Fraktionsspitzen. Um zu Ergebnissen zu kommen, so ein Insider, sei es bei der CDU um Einsparungen in den eigenen Ressorts gegangen: „Wir haben unsere Senatoren gezwiebelt.“ Die Sozialdemokraten setzten sich nachmittags zusammen, doch auf Grund der wenigen Zeit, die bis zur Haushaltsklausur blieb, soll es auch dort vor allem darum gegangen sein, „welche Kröten wir schlucken“, so ein SPD-Mitglied.

240 Millionen Mark soll Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) bereits aus ihrem Etat angeboten haben. Dieser Beitrag soll durch die im Bundestag beschlossene Pflegeversicherung möglich geworden sein. Die Landesleistungen für die Berliner werden dann mit Bundesmitteln finanziert.

Zu den bislang eingesparten 2,5 Milliarden Mark tragen auch Stellenstreichungen bei der Polizei bei, die die SPD gefordert hatte. Dies machte Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) am Montag auf eine etwas ungewöhnliche Weise bekannt: Aus den laufenden Verhandlungen heraus rief er bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) an, um die Interessenvertretung auf dem laufenden zu halten. SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt war das keine Aufregung wert: „So etwas haben unsere Senatoren nicht nötig.“

In der gemeinsamen Haushaltsklausur, die gestern nach dem Besuch des US-Präsidenten wiederaufgenommen wurde und deren Ende nicht abzusehen war, standen die Themen Stelleneinsparungen und der Kulturetat auf der Tagesordnung. Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU), der von 1992 bis 1997 im öffentlichen Dienst 25.000 Stellen abbauen will, hat weitere 10.000 Stellen als Verhandlungsmasse angeboten. Im Kulturbereich soll offenbar von der Definition der „Leuchttürme“ abgerückt werden. Hatte Kultursenator Roloff-Momin (SPD) unter diesem Begriff noch die Philharmoniker, die Staatsoper, die Deutsche Oper, das Berliner Ensemble, das Deutsche Theater, die Schaubühne, den Gropiusbau und das Literarische Kolloquium zusammengefaßt, hieß es gestern lapidar: „Nicht alle Türme müssen leuchten.“ Im Kulturetat beträgt das Defizit für 1995 eine viertel Milliarde Mark, weil die Bundeshilfe ersatzlos gestrichen wurde.

Trotz drohender massiver Einsparungen in einzelnen Ressorts soll bislang kein Senator seinen Rücktritt angedroht haben. Ein Teilnehmer erläuterte: Rücktritt sei keine Drohung – schließlich würde eine Senatsverkleinerung zu weiteren Einsparungen führen.

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