Bestandsschutz bei Pflegegesetz

■ Krankenkassen als Gewinner der Sparklausur: 2.000 zusätzliche Krankenhausbetten werden abgebaut

Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) ist es gelungen, für das Berliner Pflegegesetz einen Bestandsschutz durchzusetzen. Damit konnte sie verhindern, daß nach Einführung der bundesweiten Pflegeversicherung viele Pflegefälle leer ausgehen, die durch die großzügigere Berliner Regelung bisher Pflegegeld erhielten. Gegen den Widerstand des Finanzsenators und den Druck aus anderen Bundesländern, das Berliner Gesetz ersatzlos abzuschaffen, erhalten Blinde, Schwerstbehinderte und Gehörlose weiterhin die Berliner Leistung. „Es ist garantiert, daß niemand schlechter gestellt ist“, sagte Pressesprecherin Rita Hermanns. Zugleich entlastet die Pflegeversicherung den Haushalt 1995 um 164 Millionen und 349 Millionen im folgenden Jahr.

Einen weiteren Erfolg konnte die Sozialsenatorin bei dem Programm Hilfe zur Arbeit erzielen, das von 80 auf 90 Millionen Mark pro Jahr aufgestockt wird. Damit können etwa 250 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Sozialhilfeempfänger geschaffen werden.

Nicht verhindern konnte die Senatorin, daß bei den zusätzlichen Sozialhilfeleistungen 1995 und 1996 je 30 Millionen Mark eingespart werden sollen. Dies soll beispielsweise dadurch erzielt werden, daß bei Renovierungsarbeiten nicht mehr Meisterbetriebe, sondern billigere ABM-Projekte eingesetzt werden. Die Bezirke haben bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, die solche Einsparmöglichkeiten erarbeiten soll. Möglicherweise wird sich dieser Posten aber als Luftbuchung erweisen, denn es ist keineswegs sicher, daß das Sparziel erreicht werden kann.

Einsparungen von jährlich 60 Millionen Mark erwartet die Senatsverwaltung durch die zentrale Beschaffung von Flüchtlingsunterkünften. Während die Bezirke im Schnitt 45 Mark pro Tag für eine Unterkunft ausgeben, schafft die Landesbehörde dies bei gleicher Qualität für 27 Mark, rechnete Rita Hermanns vor.

Gelegentlich führen Sparzwänge auch zu Verbesserungen: Die langjährige Forderung, Sozialhilfeempfängern das Geld auf ihr Girokonto zu überweisen, wird künftig realisiert. Durch den verringerten Verwaltungsaufwand können zwölf Millionen Mark eingespart werden. Wie Hermanns erläuterte, fiel diese Entscheidung bereits vor der Sparklausur.

Mit der zusätzlichen Streichung von 2.000 Krankenhausbetten haben sich bei den Haushaltsberatungen doch noch die Krankenkassen durchgesetzt.

Ihnen war der im Krankenhausplan vorgesehene Abbau von 6.000 Betten bis Ende 1996 nicht weitgehend genug gewesen. In den Universitätskliniken und den städtischen Krankenhäusern sollen nun jeweils 1.000 Betten zusätzlich wegrationalisiert werden.

Der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, Bernd Köppl, hat die Entscheidung scharf kritisiert. Während der Krankenhausplan parallel zum Bettenabbau die ambulante Versorgung verbessere, fehle bei der neuerlichen Streichung ein Strukturkonzept. Dies sei „unverantwortlich“. Der Pressesprecher des Gesundheitssenators, Ulf Hermann, beteuerte dagegen, daß die 2.000 Betten nur dann abgebaut werden, wenn beispielsweise „durch Neubauten ein Ausgleich geschaffen werden kann“. In diesem Jahr will der Gesundheitssenator bereits 430 zusätzliche Betten abbauen, 1995 sollen weitere 480 folgen.

Im Ressort des Jugendsenators konnte eine Erhöhung der Gruppenstärke in den Kindertagesstätten noch einmal abgewendet werden. Es bleibt also bei 15 Kindern in einer Gruppe. Wegen des „drastischen Rückgangs“ bei der Geburtenrate sollen jedoch im Ostteil der Stadt 1.500 Erzieherstellen gestrichen werden. Damit können 1995 40 Millionen Mark und im Folgejahr 90 Millionen eingespart werden. Die betroffenen ErzieherInnen sollen auf andere Stellen verteilt werden. Auch im Westteil der Stadt sollen durch eine genauere Bedarfsanalyse der Kita- Plätze ErzieherInnen eingespart werden. Durch die Einrichtung von Halbtags-Kitaplätzen können insgesamt 300 Stellen wegfallen. Spareffekt: 23 Millionen Mark.

„Bei der Ausstattung der Schulen wird auch im kommenden Schuljahr nicht gekürzt“, betont der Pressesprecher des Schulsenators, Andreas Moegelin, gleich mehrmals. Insgesamt erbringt das Schulressort Einsparungen von 18 bis 19 Millionen Mark. 10,9 Millionen Ersparnis bringt die Schaffung eines Landesschulamtes, da hiermit zahlreiche Stellen für Schulräte und Lehrerpersonalräte entfallen. Dies wurde gegen den Widerstand der SPD durchgesetzt, die an den bezirklichen Schulämtern festhalten wollte. Dorothee Winden