■ Münchner Landesverband verbietet eine Lesbentour
: ADFC-Vorstand mit schwerer Panne

Eine Lesbentour ist satzungswidrig. Das entschied der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in München. Da laut Vorstandsfrau Edith Wassermann „eine besondere Interessenlage lesbischer Frauen nicht erkennbar“ sei, sagte sie die für gestern geplante „Lesbentour zum Kirchsee“ ab. Die Ankündigung der Tour war bereits vor einiger Zeit aus dem Programmheft herausgeschnitten worden.

Die 24jährige Samantha Seymour, die ursprünglich die Tour leiten sollte, war damals für sämtliche Touren gesperrt worden. Als sie mit Hilfe einer Anwältin auf einer Begründung bestand, erhielt sie lediglich einen offiziellen Rundbrief. Daraus erfuhr sie, daß sie von ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeschlossen war, da ihr „jegliches Verständnis für die Problematik ihrer Handlungsweise“ fehle. Darüber hinaus erteilte man ihr Hausverbot und nahm ihr die Schlüssel zum Radler-Haus, zur Geschäftsstelle des Vereins und der angeschlossenen Selbsthilfewerkstatt ab.

Doch damit nicht genug: Bei einer Sitzung des Münchner ADFC- Planungsrates wurde Seymour von Vorstandsmitglied Richard Kramschuster aufgefordert, den Raum zu verlassen. Kramschuster berief sich auf sein Hausrecht und drohte mit der Polizei, obwohl Aktive bis dahin stets zur Teilnahme ermuntert worden waren. Flugs erließ man eine neue Geschäftsordnung, wonach die Teilnahme am Planungsrat nur nach telefonischer Anmeldung möglich ist – vorausgesetzt der Vorstand entscheidet, die Teilnahme sei „sachdienlich“.

Seymour erhielt jedoch von ihrer Arbeitsgruppe „Tagestouren“ Unterstützung. Als auch zahlreiche Protestbriefe von ADFC-Mitgliedern eingingen, gab der Bundesverband in Bremen schließlich eine Stellungnahme ab: Geschäftsführer Horst Hahn-Klöckner sagte, er könne in einer Lesbentour nichts Satzungswidriges oder Vereinsschädigendes entdecken. Auf Landesebene wurde der Schlichtungsausschuß eingeschaltet. Nach mehreren Vorgesprächen mit den Beteiligten wurden die gravierendsten Maßnahmen gegen Seymour zurückgenommen. Drei der fünf Münchner Landesvorstandsmitglieder traten danach „aufgrund der eskalierenden Vorgänge um die geplante ,Lesbentour zum Kirchsee‘ (interne Vorgänge wurden der Öffentlichkeit mitgeteilt)“ zurück – so die Begründung im Sitzungsprotokoll.

Damit war der Fall für den ADFC erledigt. Manchmal muß er sich aber daran erinnern lassen. So unterstützt der Münchner Landesverband die landesweite Bürgerinitiative „Mehr Demokratie in Bayern“. Ein Handzettel der Initiative wurde im Radler-Haus allerdings nicht geduldet. Er enthielt den Zusatz: „Auch beim ADFC?“ Elke Amberg