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Jedem das Seine

■ Die neueste "Reichweitenanalyse" aus Allensbach zeigt: Die Lesermärkte in Ost und West sind weiter getrennt

Alle Jahre wieder zum Sommerferienstaubeginn sagt uns Elisabeth Noelle-Neumann, welche Zeitschrift von den Deutschen am meisten gelesen wird: die ADAC- Motorwelt, nämlich von 24 Prozent aller Erwachsenen. Da kommt selbst Hör Zu nicht mit (15,7 Prozent), und erst recht nicht der Spiegel, der im letzten Jahr von 11,1 auf 10,5 Prozentpunkte gerutscht ist. Dies sicherlich dank Focus, das mittlerweile satte 5,7 Prozent aller Schnelleser in der Bevölkerung erreicht.

In der Werbebranche heißt dieser Prozentsatz „Reichweite“ und sagt dem Margarinehersteller, wie viele potentielle Kundinnen seine Anzeige zu Gesicht bekommen haben. Wie man zu dieser Zahl kommt? Ganz einfach: Man läßt 20.000 Leute befragen, von welchem Blatt sie die jeweils letzte Nummer gelesen haben. Natürlich „ausschließlich von geschulten Interviewern“. Und dann wird hochgerechnet.

Auf diese Weise erfährt der Werbetreibende oder seine Agentur, daß die Reichweite des Stern zwar im Westen leicht abgenommen, im Osten aber von 3,7 auf 5 Prozent zugenommen hat. Ganz gleich übrigens, welches Magazin man betrachtet: In den Ostländern fällt die Reichweite der im Westen produzierten Medien auf durchschnittlich ein Drittel. Die „gläserne Mauer“ steht fest. Und was wird im Osten gelesen? Vor allem die regionalen Abonnementszeitungen (mit 77 Prozent noch mehr als im Westen, wo sie auf 62 Prozent kommen). Daß die Bild-Zeitung nach der deutschen Vereinigung nur bei 7,7 Prozent der Beigetretenen Anklang finden würde (im Westen lesen sie 18,1 Prozent), hätte sich Axel Cäsar sicherlich nicht träumen lassen.

Liebling der Ostler ist die Super- Illu, die immer noch auf 15,9 Prozent kommt (minus zwei). Recht gut hält sich, bei der anspruchsvolleren Klientel im Osten, auch noch die traditionsreiche Wochenpost (5,5 Prozent). Doch im Westen konnte sie trotz heftiger gesamtdeutscher Ambitionen ihre Leserschaft nur von 0,3 auf 0,4 Prozent steigern. Auf Dauer wird das ihrem Verlag Gruner+Jahr kaum reichen. Die Hamburger Zeit dagegen bleibt das Blatt der westlichen BAT2/A13-Bezieher (4,1 Prozent), im Osten wird sie von gerade einmal 0,8 Prozent gelesen. Die Frankfurter Allgemeine freut sich und annonciert ganzseitig (siehe Graphik unten), daß sie in diesem Jahr die Süddeutsche leicht überholt hat (mit 1,13 Mio. Lesern, das sind 1,8 Prozent). Doch zum Glück für die Süddeutsche hat die Allensbacher Untersuchung noch Konkurrenz: Die mit ähnlichem Aufwand betriebene „Mediaanalyse“ (MA), vor wenigen Wochen veröffentlicht, sah nämlich im Zielfoto die Münchner vorn.

Auf diese Weise kann jeder Verlag mit den für ihn günstigsten Daten Anzeigenkunden gewinnen. Auch die taz. Erstmals in der MA vertreten, die auf 260.000 Leser kommt, präsentiert sie jetzt stolz die jüngste Leserschaft unter allen Überregionalen: 30,8 Prozent sind 20 bis 29 Jahre, die Süddeutsche folgt abgeschlagen mit 20,8 Prozent. Ist doch auch was. Michael Rediske

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