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Es war einmal – die Statt Partei

■ Eine Wählergemeinschaft im selbstgemachten Scherbenhaufen

Hamburg (taz) – Erinnern Sie sich? Es ist noch gar nicht sooo lange her. Im Herbst 93 war's: Jubel! Trubel! Und ziemlich viel Eitelkeit. Alles wollten sie besser machen, die Herren von der Statt Partei: „Bürgerbeteiligung statt Parteienfilz“, „Dialog statt Floskeln“, „Demokratie statt Funktionärsherrlichkeit“. War's nicht märchenhaft? Auf Anhieb in die Hamburger Bürgerschaft gewählt, stolzer „Kooperationspartner“ der Voscherau-SPD! Wer sollte sie noch aufhalten auf dem Weg in den Bundestag?

Sie selbst natürlich. Zehn Monate nach ihrem Triumphmarsch ins Hamburger Rathaus steht die vom CDU-Dissidenten Markus Wegner gegründete Wählervereinigung in ihrem eigenen Scherbenhaufen und ist verdattert. Wie konnte das nur passieren? Bundesvorstand gegen Bundesvorstand, Hamburger Landesvorstand gegen beide, Markus Wegner gegen alle. Wühlen wir ein wenig im zerschlagenen Porzellan und finden zunächst: den Parteigründer selbst. Eine recht diffuse Charaktermischung aus Geltungsdrang, Dilettantismus und einer gehörigen Portion Selbstüberschätzung. Wegner drängte seinen Zusammenschluß parteiverdrossener Kleinbürger nicht nur zur sofortigen Regierungsbeteiligung, er trieb sie weiter: zur Gründung einer Bundespartei, zur Teilnahme an den Europawahlen, zum Bundestag. Es gab nur wenige, die es wagten, dem Messias der Politikverdrossenen zu widersprechen.

Schon beim Gründungsparteitag der Bundespartei im Frühjahr rasselte der Hamburger Landesverband mit den Neumitgliedern zusammen. Mißtrauen: „Die Hamburger wollen uns majorisieren“, wetterten die einen. „Die verraten die Grundsätze der Statt Partei“, bölkten die anderen. Noch bevor das vom frisch gewählten Münchener Bundesvorsitzenden Bernd Schünemann aus dem Boden gestampfte Europa-Programm verabschiedet war, verließen die Hamburger den Saal. „Ehrlich“, „offen“ und „dialogbereit“ zerhacken sich die Kontrahenten seitdem gegenseitig, faxen einander einstweilige Verfügungen zu, bezichtigen den jeweils anderen des Kontakts zu Rechtsextremisten und treffen sich gelegentlich vor dem Kadi.

Falls man dennoch einmal Zeit für eine Bestandsaufnahme hätte, dürfte die so ausfallen: Es gibt derzeit zwei Statt-Partei-Vorsitzende. Der eine residiert in Düsseldorf, heißt Harald Kaiser, ist Vertrauter Schünemanns und will mit der Hamburger Statt Partei nur noch vor Gericht zu tun haben. Der andere wohnt in Hamburg, heißt Mike Bashford, ist ein Schulfreund Wegners und streitet sich gern. Die Hamburger Statt Partei möchte mit beiden nix mehr zu tun haben und will sich künftig nur noch „aktiv in die Fragen der Hamburger Politik“ einschalten. Markus Wegner hält davon gar nichts und behält sich vor, sich gegebenenfalls von der Hamburger Statt Partei zu trennen. Uli Exner

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