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Das Parlament in Sarajevo stimmt für den Friedensplan

■ Karadžić spricht von einem „Diktat Amerikas“

Sarajevo/Pale (AFP) – Nach dem „Parlament“ der bosnischen Kroaten haben die muslimischen Parlamentarier in Sarajevo gestern mit großer Mehrheit für die Annahme des internationalen Friedensplans für Bosnien-Herzegowina gestimmt. 303 Abgeordnete votierten bei der Versammlung in einem Hotel für die Annahme des Friedensplans, 46 dagegen, sechs Stimmen wurden für ungültig erklärt. Damit galt auch die Zustimmung des bosnisch-kroatischen Föderationsparlaments als gesichert, das noch am Abend zusammentreten sollte.

Zweifel bestanden hingegen über die Haltung der bosnischen Serben. Ihr „Parlament“ trat gestern um 15 Uhr mit einstündiger Verspätung zusammen. Serbenführer Radovan Karadžić legte den Abgeordneten des selbsternannten Parlaments der bosnischen Serben die Ablehnung der neuen Landkarte für die Bürgerkriegsrepublik Bosnien-Herzegowina nahe. Bei einer Annahme der Karte müßten die Serben „riesige Territorien zurückgeben, auf denen Serben jahrhundertelang die Mehrheit gebildet haben“, sagte er zum Auftakt der Beratungen des Parlaments in Pale bei Sarajevo.

Die Karte sei „ein Diktat Amerikas“ und zwinge die Serben zur Abgabe von 20 Städten und zur Umsiedlung von 400.000 Landsleuten. Auch ein serbischer Zugang zur Adria und die Aufteilung Sarajevos seien nicht vorgesehen, kritisierte Karadžić. Im Falle einer Ablehnung des Planes kündigte er die „Mobilisierung des ganzen Volkes“ und eine „Kriegswirtschaft“ an. „Wir müssen bereit sein für Schweiß und Tränen“, doch „mit der Hilfe Gottes, der auch bisher mit uns gewesen ist“, könnten die Serben den Sieg davontragen.

Nach der Karadžić-Rede wurden zahlreiche Telegramme verlesen, die fast alle die gleiche Botschaft formulierten: „Die Landkarte ist für das serbische Volk unannehmbar.“ Die Diskussion der Parlamentarier begann nach dem Ausschluß der Öffentlichkeit hinter verschlossenen Türen. Siehe Seite 8

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