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Und er bewegt sich doch ...

■ Der Castor-Behälter für abgebrannte Brennelemente steht abfahrbereit auf dem Gelände des AKW Philippsburg / Wendländische Schwellensäger in Aktion

Berlin (taz) – Schon die ersten Meter der geplanten Reise haben mehrere Landesministerien beschäftigt und zu einer Besetzung von Bahngleisen in Dannenberg geführt. Dienstag abend wurde der Castor-Behälter, mit neun abgebrannten Brennelementen beladen, vor das Atomkraftwerk Philippsburg gerollt. Dort steht er abfahrbereit, wie die mit dem Transport beauftragte Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) versichert.

Wann die Bahn AG den Castor tatsächlich abholt, um ihn nach Gorleben zu befördern, ist jedoch noch immer unklar. Niedersachsens Landesregierung und die Betreiberfirmen des Atomkraftwerks beharren auf unvereinbaren Rechtsansprüchen. Auch ein Antrag von Mitgliedern der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, den Transport zu untersagen, weil dafür kein öffentliches Interesse im Sinne des Atomgesetzes bestehe, steht noch zur Entscheidung im Verwaltungsgericht Lüneburg an.

Return to sender? Solange der designierte Empfänger die Atomfracht nicht annimmt, darf der Spezialwaggon der Bahn AG vorerst für unbestimmt lange Zeit auf den Kraftwerksgleisen stehenbleiben. Vergangenen Freitag ließ Niedersachsens Innenminister mitteilen, er gehe „mit Sicherheit“ davon aus, daß der Transport nicht vor Ende der Sommerschulferien stattfinde. Darüber habe man sich mit der GNS verständigt.

Die Firma, in Mehrheitsbesitz der Stromkonzerne Veba und RWE, möchte aber nur bestätigen, daß ihr dieser Wunsch der niedersächsischen Landesregierung bekannt sei. Sie beharrt auf ihrem Rechtsanspruch. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat den Transport genehmigt, die Erlaubnis gilt bis zum Ende dieses Jahres. Über das Vollzugsdatum könne höchstens dann gesprochen werden, wenn auch die Zustimmung durch das niedersächsische Umweltministerium vorliege.

Die atmorechtlich vorgeschriebenen Radioaktivitätsmessungen an Außenwand und nächster Umgebung des Castor sind am Dienstag denn auch in Philippsburg durchgeführt und protokolliert worden. Die Dokumente befinden sich seit gestern auf dem Dienstweg ins Umweltministerium Niedersachsens, wo sie – wie von Ministerin Monika Griefahn angekündigt – außerordentlich gründlich geprüft werden sollen. Kenner der Materie rechnen auch in weniger umstrittenen Fällen mit einer Bearbeitungsfrist von zwei Wochen.

Lange vor Ankunft der Papiere hatte jedoch die erste Ausfahrt des Castor in der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg Alarm ausgelöst. Etwa 300 kurzentschlossene Atomkraftgegner besetzten noch am selben Abend den Bahnhof von Dannenberg, wo die Schienenstrecke nach Gorleben endet – der Rest des Weges ins Zwischenlager muß auf der Straße bewältigt werden. Die Demonstrierenden haben die Schienen unterhöhlt und einige Schwellen zersägt. Die Polizei griff nicht ein, der Protest blieb friedlich. Niklaus Hablützel

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