piwik no script img

Hilferuf aus dem Knast

■ Überbelegung und Streß: Justizsenator Klaus Hardraht verspricht Abhilfe

Im Knast am Suhrenkamp „brodelt es“ – so zumindest die Insassenvertreter Stefan Kosian und Oliver Simon in einem Brief an Justizsenator Klaus Hardraht: „Auch eine Minderheit ist nicht mehr zur Toleranz bereit.“ Hintergrund: drastische Überbelegung. Hardraht eilte gestern unverzüglich zur Schadensbegrenzung in den revolte-erprobten Knast.

Das Problem ist nicht neu: Seit Monaten sind die Trakte von „Anstalt 1“ überbelegt. Während die Mehrheit der Gefangenen die eigentlich rechtlich unhaltbare Situation bislang toleriert habe, sei nun das Maß des Erträglichen erreicht. Denn die Räume für Freizeitgestaltung, Seelsorge, Sport und therapeutische Maßnahmen reichten nicht mehr aus. Oliver Simon: „Die Räumlichkeiten für den Besuch sind völlig unzureichend geworden.“ Folge: Die Anstaltsleitung ordnete gravierende Einschränkungen an. „Der Freiraum der Gefangenen ist auf ein solches Maß minimiert worden, so die Insassenvertretung, „daß niemand mehr zur Toleranz fähig ist.“

In der Justizbehörde nahm man den Hilferuf ernst. Sprecher Jürgen Weinert: „Der Senator war bereits vor Ort und hat mit den Gefangenen geredet.“ Hintergrund der Überbelegung: Die benachbarte „Anstalt 2“ werde umgebaut, so daß – mit Zustimmung beider Insassenvertretungen – Gefangene in den Kast Suhrenkamp verlegt worden seien.

Weinert: „Wenn sich zwei Leute eine Einzelzelle teilen, bekommt man bei der Schwüle schnell Platzangst.“ Tatsächlich seien die Kapazitäten erschöpft. Weinert: „Eine Summe an Einzelpunkten schaffen Frust.“

Nach Angaben Weinerts habe Hardraht angeordnet, „die Quelle der Ärgernisse zu beseitigen.“ Beispiel: Eine defekte Waschmaschine werde umgehend erneuert. Weinert: „Der Senator hat angeordnet, daß das Besuchsproblem sofort entschärft werden muß.“ Bereits heute werde sich eine Runde mit der Problematik befassen. Hardrahts Versprechen: „Es wird eine zusätzliche Besuchsregelung eingeführt.“Kai von Appen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen