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CDU will wieder legalen Drogenstrich wiederbeleben

■ Spitzenkandidat Nölle rät: Drogenprostituierte in den Hafen, Penner unter die Weserarkaden

Die Herren Ulrich Nölle (53) und Ralf Borttscheller (49) von der CDU sind am Donnerstag gemeinsam durchs „Viertel“ spaziert. Sie wollten sich doch mal angucken, wie es mit der Umgestaltung des Ostertorsteinwegs so voran geht, ob in den Baugruben Arbeiter graben und an den Ecken Junkies stehen. Ziemlich betroffen offenbar verließen sie das Viertel wieder, so betroffen, daß sie am Freitag die Presse zur Konferenz herbeitrommelten: Die Duldung der offenen Drogenszene mache sämtliche Verschönerungsmaßnahmen zunichte, und wegen der Dauerbaustellen stünden die Geschäfte bald am Rand des Ruins. Die vom Senat zugesagten Marketingmaßnahmen, die zugesagte Ausschilderung – alles nicht eingehalten.

Aber das war gar nicht das Schlimmste. Das Schlimmste waren die drei Drogenprostituierten, die am hellichten Tag auf dem Ziegenmarkt standen: Armgelenke verbunden, abgemagert, und dann dieser Blick – Ralf Borttscheller, selbst Vater von zwei Töchtern, wie er sagte, schauderte es. Der Drogenstrich, so die Erkenntnis, hat sich seit der Zerschlagung des Strichs in der Friesenstraße, ins ganze Viertel ausgebreitet. Tip der CDU also: Den Drogenstrich verlegen in die Cuxhavener Straße im Waller Hafengebiet, zum offiziellen Strich also. Dort ist die Sperrgebietsverordnung aufgehoben.

Durchaus sollten die Drogenprostituierten dort auch wieder betreut werden, so der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Ulrich Nölle. „Vielleicht nicht gerade so komfortabel wie der Bus in der Friesenstraße, der im Winter geradezu als Wärmehalle genutzt wurde“, ergänzt Ralf Borttscheller, aber doch mit Betreuung. Daß sich Drogenprostituierte und die anderen Prostituierten nicht verstehen, weil die Drogenprostituierten die Preise drücken, auf dieses Problem gingen die beiden nicht ein.

Weg müsse natürlich auch die Drogenberatungsstelle in der Bauernstraße, wenn auch nicht gerade in die Nähe des Bahnhofs, sonst bekomme man Frankfurter Verhältnisse. Eher so an den Rand des Viertels. „Wenn man junge Leute anziehen will, darf da nicht die Drogenszene mit ihrer Kriminalität sein, man muß Jugendliche dort auch ohne größere Vorbehalte hinlassen können“, sagte Nölle, Vater von vier Kindern.

Einen neuen Standort haben sich die beiden CDUler auch für die Obdachlosen ausgedacht, die derzeit so gern unter den Rathausarkaden sitzen: Die könnten doch unter die Arkaden am Weserufer ziehen, meinte Borttscheller und erinnerte sich an seine Reise nach New York in den 60ern und die vielen vielen Obdachlosen, die dort unter bestimmten Brücken ganz selbstverständlich ihren besonderen „Lebensstil“ gepflegt hätten.

Beide Herren zusammen ärgerten sich nochmal über den kleinen Demonstrationszug der Obdachlosen diese Woche vor die Sparkasse. „Bremen zahlt allein an Sozialhilfe 912 Millionen Mark, da kann man nicht sagen, daß diese Gesellschaft die Ärmsten der Armen ausgrenzt“, sagte Nölle, „in Bremen muß niemand betteln“. Und auch nicht vors Rathaus scheißen, fügte Borttscheller hinzu. Neulich, als die Weidedämmler dort kampierten (Mahnwache), hätte das einer getan. Das sei nicht mehr zu verteidigen mit dem Recht auf freie Wahl der Lebensform. Köln übrigens, so Borttscheller, Köln lasse seinen Domplatz mittlerweile dreimal täglich reinigen – „naß“. Da bleibe dann keiner mehr lange sitzen.

cis

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