piwik no script img

Kunst oder Kundenbetrug?

Prospektwahrheit und -dichtung: Ein saftiggrünes Titelbild des Veranstalters Olimar zu den kargen Kapverden entpuppt sich als Fotomontage  ■ Von Elke Backert

Ein exotisches Fleckchen Erde lockt den Betrachter: An üppig grünem, palmengesäumtem weißem Sandstrand holen braunhäutige Fischer ihre Netze und Boote ein. „Das ist Cabo Verde!“ lautet die Headline zu diesem tropischen Titelbild eines neuen Prospekts des Portugal-Spezis Olimar-Flugreisen in Köln.

Der klein eingespiegelte Text verspricht „eine farbenfrohe Inselwelt zwischen tropischen Bergen und paradiesischen Dünenstränden“. Verständlich, daß manch einer Lust auf diesen „weißen Fleck auf der touristischen Weltkarte“ verspürt.

Das ist von Olimar ja auch beabsichtigt. Immerhin muß der Gast für eine Woche Inselhüpfen und eine Woche Badeferien auf den Kapverden (mitten im Atlantik gelegen, südlich des Wendekreis des Krebses und etwa 450 Kilometer vor dem senegalesischen Dakar) weit mehr als 3.000 Mark berappen.

Hinzu kommen die Ausgaben für Essen und Trinken und die Anreise vom Frankfurter Flughafen. Nicht zu vergessen die 44 Mark fürs Visum.

Wer aber dann die vier als Pauschalreise angebotenen Inseln gesehen und er„fahren“ hat, fragt sich verblüfft: Wo finde ich das anregend saftiggrüne Prospektmotiv?

Alle Inseln haben ihren Reiz. Fogo ist eine karge Lavainsel, San Vicente mit der Hauptstadt Mindelo ist europäisch angehaucht, Santiago verblüfft durch seine farbenfrohen, afrikanischen Märkte, und Sal kann mit einem traumhaften, menschenleeren Dünenstrand aufwarten. Sprechen solche Motive den Urlauber nicht an?

Hamann Touristik in Hilden etwa war der ausgedehnte Sandstrand als Titel gut genug. Eine Ausgabe des Bordmagazins der Cabo Verde Airlines hat sich gar den schwarzgrauen Vulkan von Fogo auserkoren mit den zartgrün hingetupften Reben des dort angebauten Weins.

Das typischste Bild, das alle Inseln des Archipels prägt und dem man auf Schritt und Tritt begegnet, sind die Wasserträger: Frauen, Männer und Kinder laufen oft kilometerweit, um das kostbare Naß an einer Wasserstelle zu zapfen und in Kanistern und Eimern auf ihren Köpfen oder in Schläuchen auf Eseln nach Hause zu balancieren. Wasser ist rar.

Die Inseln sind von Natur aus öde, außer angepflanzten Akazien und Agaven gibt es kaum Vegetation. Regen kennt man so gut wie nicht.

Wo also hat Olimar das tropische Prospektmotiv aufgenommen?

„Das ist eine Montage“, gesteht Ernesto Carneiro, Olimar-Berater und Consultant von CVTS, der kapverdischen Tourismusagentur in Lissabon. „Man hat einen Titel ,komponiert‘, weil kein ansprechendes Dia existierte.“ Selbst die Kapverdier waren erstaunt: Wo soll das sein? Zumindest nicht auf Cabo Verde.

Olimar leitete eine Anfrage meinerseits an seine Werbeagentur Art & Concept in Düsseldorf weiter. Herr Willich gab sich ahnungslos: Er kenne die Kapverden nicht persönlich. Das Bildmaterial, das sie vorliegen hatten, sei nicht ausreichend gewesen, noch dazu schlecht beschriftet. Man wußte gar nicht, um was es sich genau handelte. So hätte man sich zu einer Fotomontage entschlossen. Das sei jedoch in der Branche üblich. Mag sein. Darf dann aber der Prospekt lauten: „Das ist Cabo Verde!“? Mit Ausrufezeichen, wohlgemerkt!

Als künstlerische Freiheit kann man dieses Vorgehen kaum bezeichnen. Wohl aber als Täuschung und Betrug am Kunden.„ Und den Bewohnern des Entwicklungslandes Cabo Verde dürfte damit ebenfalls nicht gedient sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen