Attacke gegen das Bleiberecht?

■ Ausländerbehörde: 1500 Roma in den Strudel der Korruptionsaffäre geraten / Polizei ermittelt, Behörde verweigert Duldung/ Von Kai von Appen

Kippt Hamburgs Polizei die Bleiberechtregelung für 1500 Roma, die 1989 zwischen der SPD-Innensenator Werner Hackmann und der Roma- und Cinti-Union (RCU) ausgehandelt worden war? Diesen Vorwurf erhebt jRCU-Chef Rudkow Kawczynski gegenüber der taz: „Staatsrat Reimers versucht hinter dem Rücken von Innensenator Werner Hackmann die Vereinbarung zu torpedieren.“

Der Stein kam vor knapp drei Monaten ins Rollen, als MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde dabei ertappt wurden, Aufenthaltsgenehimigungen gegen Bares zu erteilen. Gegen 18 von ihnen wurden inzwischen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Beim Akten-Studium kamen den FahnderInnen der polizeilichen Sonderkommission „PS 3“ – die dem Staatsrat der Innenbehörde, Dirk Reimers, direkt unterstellt ist – allerdings auch einige Fälle aus 1989 in die Finger. Und die kamen ihnen dubios vor.

Was die ErmittlerInnen nicht wissen konnten: Damals war 1500 Roma in einem unbürokratischen Schnellverfahren ein Aufenthaltsrecht gewährt worden – aufgrund des Geheim-Deals zwischen Hackmann und RCU-Chef Kawczyinski. Nach vielen spektakulären RCU-Aktionen hatte Hackmann zugesagt, 1500 Roma im Zuge sogenannter „Familienzusammenführung“ einen „Bleiberechtstatus“ zu gewähren, wenn die RCU im Gegenzug ihre Protest-Aktionen gegen die Abschiebung einstelle.

Die „frisierten Akten“ führen nun dazu, daß gegen Kawczynski und dem damaligen Ausländerbehörden-Chef Uwe Brettschneider – die für die unformalistische Bearbeitung verantwortlich waren – Ermittlungen wegen Bestechung und Bestechlichkeit eingeleitet wurden. Und das, obwohl Hackmann noch vor einem Monat in der Bürgerschaft beteuerte, eine Vermengung zwischen den Bestechungs- und Bleiberechtsfällen könne ausgeschlossen werden.

Doch offensichtlich kam es anders: Rudko Kawczynski: „Alle 1500 Akten sind mittlerweile bei ,PS 3' gelandet. Ich befürchte, daß der Senator von seinen Beamten über den Verlauf der Ermittlungen bewußt falsch informiert wird.“

In den vergangenen Tagen seien nämlich Roma immer wieder von der „PS 3“ vorgeladen und vor eine fragwürdige Alternative gestellt worden: Nur wenn sie per schriftlicher Erklärung angebliche Bestechungszahlungen zugäben, würden sie von einer Abschiebung verschont bleiben.

Gleichzeitig sei die Ausländerbehörde angewiesen worden, den Roma keine Aufenthaltspapiere mehr auszuhändigen. Ausländerbehörden-Sprecher Norbert Smekal: „Dazu möchte ich keine Stellungnahme abgeben.“

Innenbehörden-Sprecher Wolfgang Lüdtke bestreitet den RCU-Vorwurf: „Es geht nicht darum die Bleiberechtregelung zu kippen.“ Wegen des Bestechungsverdachts müßten jedoch auch Altfälle überprüft werden. Lüdtke beteuert: „Es geht nicht darum, die Leute abzuschieben und den Aufenthaltsstatuts in Frage zu stellen.“

Doch auch für RCU-Anwalt Christian Schneider, der 1989 den Bleiberechtdeal mit Innensenator Hackmann und der Ausländerbehörde ausgehandelt hatte, ist das Verhalten der Polizei dubios: „Nach drei Monaten muß ,PS 3' die Akten doch endlich kopiert haben.“

Für den Juristen besteht daher auch der Verdacht, die Roma sollten eingeschüchtert werden. Schneider: „Es geht nicht an, daß die Menschen verunsichert werden, indem ihr Bleiberecht – von dem sie nicht wissen wie es zustande gekommen ist – unbegründet in Frage gestellt wird.“