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Ein Treffen zweier alter Bekannter

Israels Regierungschef Rabin und Jordaniens König Hussein reichen sich in Washington erstmals öffentlich die Hände. Beide Staaten pflegen seit Jahrzehnten geheime Kontakte  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Es ist nicht zu bezweifeln: das gestrige Treffen zwischen Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin und dem jordanischen König Hussein auf dem grünen Rasen vor dem Weißen Haus hat historischen Charakter. Zwar werden die beiden Statschefs heute am Ende des zweitägigen Treffens noch keinen Friedensvertrag unterzeichnen, jedoch ist der Gipfel in Washington ein eindeutiges Signal, daß ein solcher Schritt nur noch eine Frage der Zeit ist. In den kommenden Monaten wollen beide Seiten in gutnachbarlicher Atmosphäre weiterverhandeln, um möglichst noch vor Jahresende auch formell Frieden zu schließen.

Das Treffen vor laufenden Kameras beendet ein jahrzehntelanges Versteckspiel. Nur ganz wenige Eingeweihte wissen, wie oft sich in den letzten Jahren die Spitzen Jordaniens und Israels an geheimen Orten trafen. Lange Jahre ging die Rede um, der Geist des in Jerusalem ermordeten Großvaters von König Hussein pflege die Geheimbeziehungen beider Staaten. Ein Grund dafür, daß sich beide Seiten trotz offizieller Feindschaft innig austauschten, sind die Palästinenser. Die Führungen beider Staaten hatten das gemeinsame Interesse, die nationalen Rechte des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und eigene Staatlichkeit nach Möglichkeit aus der Welt zu schaffen: entlang der Ufer des Jordanflusses sollten nur das jordanische Königreich und der Staat Israel bestehen. Diese Politik wurde auch von den verschiedenen US-Regierungen unterstützt. Trotz des offiziellen Kriegszustandes zwischen beiden Staaten standen in den letzten drei Jahrzehnten mindestens vier verschiedene regierende israelische Ministerpräsidenten König Hussein von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Zudem trafen sich mit dem Monarchen zu verschiedenen Zeiten mindestens 16 israelische Minister, hohe Beamte und Offiziere zu geheimen Verhandlungen. Auf niedrigerer Ebene gab es zwischen Militärs und Beamten beider Seiten fast routinemäßige Kontakte. Insgeheim wurden dabei fast 40 Abkommen geschlossen. Für die Öffentlichkeit waren diese Vereinbarungen jedoch tabu.

Als erste Israelin mit Ministerrang traf Golda Meir den König im Jahr 1965. Damals hatten beide Seiten mit Hilfe der US-Regierung ein Geheimabkommen gegen die Anwesenheit fremder (arabischer) Truppen in Jordanien geschlossen. Die Vereinbarung sollte Israels Ostfront absichern. Zwar gelang es den Israelis nicht, Jordanien aus dem Krieg des Jahres 1967 herauszuhalten. Jedoch begannen sofort nach der israelischen Eroberung der Westbank Geheimverhandlungen über einen territorialen Kompromiß. Damals standen die israelischen Minister Allon und Eban permanent mit Hussein in Kontakt.

Im Einverständnis mit der US- Regierung schützte Israel Jordanien im Jahr 1970 militärisch gegen syrische Interventionsversuche. Ein paar Jahre später führte wieder Golda Meir gemeinsam mit ihrem Verteidigungsminister Mosche Dayan Verhandlungen mit Hussein über „funktionelle Lösungen“ des israelisch-jordanischen Konflikts in der von Palästinensern bewohnten Westbank. Dayan machte damals sogar Vorschläge für einen gemeinsamen Verteidigungspakt. Die Verhandlungen mit Hussein über verschiedene Variationen des „Allon-Plans“ für eine gemeinsame Lösung in der Westbank wurden dann von Rabin, Allon und dem heutigen Außenminister Schimon Peres weitergeführt.

Auch unter der Likud-Regierung Menachem Begins brach der Kontakt zu Hussein nicht ab. Begin kam zwar nicht selbst mit Hussein zusammen, aber sein Nachfolger Jitzhak Schamir traf ihn gleich dreimal. Rabin und Peres intensivierten später die Verbindungen wieder. Das offene Treffen in Washington wurde jedoch erst durch Verhandlungen nach dem Abkommen zwischen den Israelis und der PLO möglich.

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